Allgemeines
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Wie verhalte ich mich direkt nach dem Unfall richtig?
- Sofort anhalten
- Unfallstelle absichern (Warndreieck aufstellen etc…)
- Bei Personenschäden: Verletzte erstversorgen, ggfs. Notruf verständigen
- Polizei für eine amtliche Unfallaufnahme verständigen
- Erste Beweissicherung am Unfallort (Bilder, Passanten ansprechen (Zeugen), offensichtliche Schäden, Stellung der Fahrzeuge, Kennzeichen, Wetterlage)
- Keine voreiligen Aussagen zum Unfallhergang treffen (Vorsicht! Schuldanerkenntnis vermeiden!)
- Kontaktdaten mit dem Unfallgegner austauschen (Name, Adresse, Nachweis durch Personalausweis, Kfz-Haftpflichtversicherung)
- Vorsorglich Schadensmeldung bei der eigenen Kfz-Versicherung, auch wenn die gegnerische Kfz-Haftpflichtversicherung in Anspruch genommen werden soll (vertragliche Anzeigefristen bei der eigenen Versicherung beachten!)
- Ggfs. unverzüglich eigene ärztliche Untersuchung (wichtig für Schmerzensgeld)
- Rechtsrat einholen, bevor weitere Schritte zur Schadensregulierung eingeleitet werden (anwaltliche Vertretung von Anfang an zweckmäßig, um unnötige und teuere Fehler zu vermeiden)
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Was sollte ich gerade nicht direkt nach dem Unfall tun?
Haben Sie das Gefühl, an dem Unfall vielleicht mit schuld zu sein bzw. ist die Haftungslage noch völlig unklar, sollten Sie sich mit der Abgabe etwaiger Erklärungen oder gar Schuldanerkenntnisse zurückhalten (insb. bei einer polizeilichen Unfallaufnahme). Was einmal nachweisbar erklärt bzw. protokolliert wurde, lässt sich nicht mehr rückgängig machen. Dies kann später die Regulierung Ihres eigenen Schadens (wenn auch nur anteilig) empfindlich erschweren und auch zu Problemen mit Ihrer eigenen Kfz-Haftpflichtversicherung führen, die aufgrund Ihrer Erklärungen dann von der Gegenseite möglicherweise in Anspruch genommen wird.
Möglicherweise wird die gegnerische Haftpflichtversicherung schnell auf Sie als Unfallgeschädigten zukommen, um maßgeblichen Einfluss auf die Schadensabwicklung zu nehmen – natürlich in aller erster Linie in ihrem eigenen Interesse!
Gerade am Anfang können Unfallgeschädigte hier viele Fehler machen:
So können unvorteilhafte Angaben bei der Schadensschilderung (Anmerkung: Die gegnerische Versicherung wird Ihnen einen Fragebogen zukommen lassen und nach dem Unfallhergang fragen) dazu führen, dass die Versicherung Ihnen eine Alleinschuld oder zumindest eine Teilschuld unterstellt. Im schlimmsten Fall bleiben Sie auf Ihrem eigenen Schaden vollständig sitzen.
Auch einer Schadensbegutachtung durch die gegnerische Versicherung selbst sollten Sie nicht voreilig zustimmen. Zu hoch ist die Gefahr, dass Ihr Schaden „kleingerechnet“ und möglicherweise bagatellisiert wird. Grundsätzlich haben Sie als Unfallgeschädigter das Recht, selbst zu entscheiden, auf welche Weise und durch wen Sie Ihren Schaden feststellen und beziffern lassen.
Klären Sie vor Einholung eines kostenintensiven, umfassenden Schadengutachtens mit dem Kfz-Sachverständigen, ob es sich möglicherweise um einen sog. Bagatellschaden handelt (kleinere Blechschäden – Schadenshöhe bis ca. 1.000,- €; Rechtsprechung hierzu variiert). In diesem Fall übernimmt die gegnerische Versicherung die Gutachterkosten für ein teures Schadengutachten möglicherweise nicht bzw. nicht vollständig mit der Behauptung, dass die Gutachterkosten in Relation zu dem Schaden unverhältnismäßig seien und ein Kostenvoranschlag bzw. eine einfache Reparaturkostenkalkulation oder ein „kleines“ Schadengutachten wesentlich kostengünstiger und damit ausreichend in Hinblick auf den relativ geringen Schaden gewesen wäre.
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Muss ich nach dem Unfall Polizei rufen?
Grundsätzlich besteht keine Pflicht, die Polizei zu kontaktieren, wenn sich alle Unfallbeteiligten diesbezüglich einig sind und den notwendigen Informationsaustausch selbst betreiben, damit eine rechtliche Klärung und eine geordnete Schadensregulierung möglich ist. Dies gilt auch dann, wenn es neben einem Sachschaden zu einem leichteren Personenschaden gekommen ist.
Bei schwereren Verletzungen bis hin zum Tod eines Unfallbeteiligten sollte hingegen - neben einem Kranken-/Rettungswagen - auf jeden Fall die Polizei verständigt werden.
Weiterhin sollte die Polizei verständigt werden, wenn der Unfallgeschädigte gar nicht anwesend ist (bspw. Rempler gegen ein parkendes Auto). Einen Zettel mit den wichtigsten Kontaktdaten an das beschädigte Fahrzeug zu klemmen, reicht insoweit nicht aus, da der Zettel beispielsweise weggeweht, unleserlich nass oder weggenommen werden könnte. Hier gilt, zunächst eine angemessene Zeit zu warten, ob der Unfallgeschädigte noch hinzukommen wird (je größer der Schaden, desto länger die Wartezeit; eine Faustformel für die Wartezeit gibt es jedoch nicht). Kommt der Unfallgeschädigte nach einer angemessenen Wartezeit nicht hinzu, sollte die Polizei verständigt werden, um nicht Gefahr zu laufen, dass später ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort (§ 142 StGB; „Fahrerflucht“) eingeleitet wird. Zwar sieht das Gesetz vor, dass man sich nach Ablauf einer Wartefrist vom Unfallort entfernen darf, solange man die Feststellungen zu seiner Person dem Unfallgeschädigten oder der Polizei gegenüber „unverzüglich nachträglich ermöglicht“. Allerdings bestehen insoweit zu viele Unsicherheiten (bspw. ob man lange genug gewartet hat oder wie lange man sich nach dem Entfernen vom Unfallort nun Zeit lassen darf, damit die Feststellungen zur eigenen Person und zu der Unfallbeteiligung noch unverzüglich nachträglich i.S.d. Gesetzes ermöglicht werden). Das Risiko, sich strafbar gemacht zu haben, zumindest aber einem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren ausgesetzt zu werden, sollte man daher nicht eingehen, zumal die Verständigung der Polizei kostenlos ist. Die strafrechtlichen Folgen bei Fahrerflucht (Geld- oder Freiheitsstrafe; Fahrverbot oder gar Entziehung der Fahrerlaubnis; Probleme mit der eigenen Kfz-Haftpflichtversicherung, die den Schaden des Unfallgeschädigten begleichen soll) sind nicht zu unterschätzen.
Die Polizei sollte in jedem Fall auch verständigt werden, wenn es bereits am Unfallort zu einer Auseinandersetzung über den Unfallhergang und die Schuldfrage kommt. Da in einem solchen Fall bereits Probleme auf allen Ebenen vorprogrammiert sind, sollte eine geordnete Unfallaufnahme durch die örtlich zuständige Polizei erfolgen. Gleiches gilt für den Fall, wenn Ihnen Ihr Bauchgefühl sagt, dass etwas „faul“ ist (bspw. Drogen-/Alkoholkonsum eines Unfallbeteiligten, vorsätzliche Unfallverursachung bzw. vorgetäuschter Unfall usw.). Insbesondere bei dem Verdacht eines nur vorgetäuschten Unfalls steht möglicherweise eine Strafbarkeit des Unfallgegners im Raum.
An die vorsorgliche Verständigung der Polizei sollte auch dann gedacht werden, wenn der eigene Miet-/Leihwagen beschädigt wurde. Hier kann sich sogar eine Pflicht zur Verständigung der Polizei selbst bei Klein-/Bagatellschäden aus den Geschäftsbedingungen für den Miet-/Leihwagen ergeben.
Auch bei einem Unfall mit einem ausländischen Fahrzeug ist die Hinzuziehung der örtlich zuständigen Polizei in jedem Fall ratsam, um sicher zu gehen, dass nach einer Weiterfahrt des ausländischen Unfallbeteiligten auch alle notwendigen Daten für eine geordnete Schadensregulierung ausgetauscht und festgehalten worden sind.
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Ich hatte in Deutschland einen Unfall mit einem ausländischen Fahrzeug – Was ist zu beachten?
Grundsätzlich gelten das deutsche Verkehrsrecht und das deutsche Schadensersatzrecht.
Die Schadensabwicklung, insbesondere die Inanspruchnahme der gegnerischen Kfz-Haftpflichtversicherung, gestaltet sich relativ einfach, soweit das gegnerische Fahrzeug in einem Land zugelassen und haftpflichtversichert ist, welches dem Grüne-Karte-System (Deutsches Büro Grüne Karte e.V.; Abkürzung: DBGK) angehört. Hier können Sie überprüfen, welche Länder dem Grüne-Karte-System angehören:
In diesem Fall übernimmt das DBGK die Pflichten eines Haftpflichtversicherers und kann insoweit wie die gegnerische Versicherung selbst in Anspruch genommen und gegebenenfalls auch verklagt werden. In aller Regel wickelt das DBGK den Schadenfall aber nicht selbst ab. Vielmehr übernimmt ein gesonderter, deutscher Schadensregulierer die Unfall- und Schadensabwicklung. Eine Auseinandersetzung mit der ausländischen Haftpflichtversicherung ist also nicht erforderlich, sodass der Verkehrsunfall genauso wie jeder andere Verkehrsunfall abgewickelt und reguliert werden kann. Dies erleichtert die Schadensregulierung erheblich.
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Muss ich einen Verkehrsunfall meiner eigenen Kfz-Versicherung (Haftpflicht und ggfs. Vollkasko) melden, auch wenn ich gar nicht schuld bin?
Anzeige-/Meldepflichten und dazugehörige Anzeige-/Meldefristen ergeben sich in aller Regel aus den jeweiligen Versicherungsbedingungen. Beachten Sie:
Durch eine frühzeitige Unfall- bzw. Schadensmeldung bei der eigenen Kfz-Versicherung wird diese in die Lage versetzt, frühzeitig alles aus ihrer Sicht Notwendige zu veranlassen für den Fall, dass sie von dem Unfallgegner (Haftpflicht) und/oder - wenn auch möglicherweise nur vorläufig - von Ihnen selbst (Vollkasko) zwecks Schadensregulierung in Anspruch genommen wird. Daher hat Ihre Kfz-Versicherung ein eigenes Interesse daran, frühzeitig von dem Unfall Kenntnis zu erlangen und bspw. eigene Sachverhaltsaufklärung zu betreiben sowie Beweissicherungsmaßnahmen zu veranlassen.
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Muss ich nach einem Unfall zunächst meine eigene Vollkaskoversicherung zur Schadensregulierung in Anspruch nehmen, bis mir die gegnerische Kfz-Haftpflichtversicherung meinen Schaden ersetzt?
Zusätzlich zu der Kfz-Haftpflichtversicherung, die Schäden anderer ersetzt, die der Versicherte als Verkehrsteilnehmer verursacht hat, gibt es die freiwilligen Teil- und Vollkaskoversicherungen.
Im Falle eines Schadens am eigenen Fahrzeug nach einem Unfall stellt sich in aller Regel auch die Frage, ob eine zusätzlich abgeschlossene Teil- und/oder Vollkaskoversicherung den Schaden am eigenen Fahrzeug ersetzt. Hierbei gilt:
Die freiwillige Teilkaskoversicherung deckt Schäden am eigenen Fahrzeug ab, die durch äußere Ereignisse, also nicht durch Ihr eigenes Verhalten entstanden sind (bspw. Tierunfälle, Elementarschäden). Die Teilkaskoversicherung muss nach einem Unfall Ihren eigenen Schaden am Fahrzeug also nicht ersetzen.
Mit einer freiwilligen Vollkaskoversicherung sind Sie hingegen zusätzlich gegen unverschuldete und selbstverschuldete Unfälle abgesichert, sodass durchaus daran zu denken ist, selbst im Falle eines unverschuldeten Unfalls zunächst die eigene Vollkaskoversicherung in Anspruch zu nehmen, bis die gegnerische Kfz-Haftpflichtversicherung zahlt. Nehmen Sie Ihre eigene Vollkaskoversicherung jedoch (zunächst) in Anspruch, müssen Sie daran denken, dass Sie in Ihrer Schadensfreiheitsklasse (SF) zurückgestuft bzw. höhergestuft werden, was sich auf die Höhe Ihrer künftigen Versicherungsbeiträge auswirkt. Diesen sog. Höherstufungsschaden können Sie im Falle eines unverschuldeten Unfalls bei der gegnerischen Kfz-Versicherung nur dann ersetzt verlangen, wenn die Inanspruchnahme Ihrer eigenen Vollkaskoversicherung auch erforderlich war, bspw. wenn die gegnerische Versicherung nur sehr zögerlich oder aber gar nicht bzw. nur teilweise reguliert (sodass zunächst ein Zivilprozess geführt werden muss), das Fahrzeug jedoch instandgesetzt werden muss. Auch bekommen Sie von Ihrer eigenen Vollkaskoversicherung in der Regel eine Vielzahl von Schadenspositionen, die die gegnerische Haftpflichtversicherung unter Schadensersatzgesichtspunkten zu tragen hat, nicht ersetzt.
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Der Unfallgegner hat am Unfallort seine alleinige Schuld eingeräumt bzw. umgehend oder im Nachgang erklärt, dass er meinen Schaden übernimmt. Ist damit bereits alles „in trockenen Tüchern“?
Nicht unbedingt bzw. es kommt darauf an:
Neben der Frage, ob die „Zusicherung“ bzw. das Eingeständnis des Unfallgegners mündlich oder schriftlich erfolgte, ist der konkrete Inhalt der abgegebenen Erklärung ausschlaggebend.
Bei bloß mündlichen Erklärungen am Unfallort liegt in aller Regel noch kein rechtsverbindliches Schuldanerkenntnis vor, aus dem der Empfänger dieser Erklärung konkrete Rechte bzw. Ansprüche ableiten und durchsetzen kann. Vielmehr verschlechtert sich damit allenfalls zunächst die Beweislage für denjenigen, der eine solche Erklärung abgibt, während sich die Beweislage für den anderen Teil verbessert (dies ist auch nur interessengerecht, denn immerhin wird oftmals aufgrund der Abgabe solcher Erklärungen bspw. auf die Hinzuziehung der örtlich zuständigen Polizei bzw. sonstige Beweissicherungsmaßnahmen verzichtet).
Bei schriftlich abgegebenen Erklärungen sieht dies eventuell anders aus:
Die schriftlich bestätigte Bereitschaft zur Schadensübernahme kann durchaus ein Schuldanerkenntnis darstellen, also die Äußerung eines rechtsverbindlichen Verpflichtungswillens dahingehend, den Schaden des anderen zu übernehmen. Je mehr Zeit zwischen Unfall und Abgabe einer solchen Erklärung vergangen ist, desto eher wird man einen entsprechenden Verpflichtungswillen unterstellen können (weil sich dann der erste Schock bereits gelegt hat und man eine solche Erklärung „mit klarem Kopf“ abgibt).
Schriftlichen Schuldeingeständnissen („ich bin schuld“; „ich habe das verursacht“ usw.) lässt sich in aller Regel noch kein ausreichender Rechtsbindungs- bzw. Verpflichtungswille für ein rechtsverbindliches und anspruchsbegründendes Schuldanerkenntnis entnehmen. Dies gilt umso mehr, wenn dieses Schuldeingeständnis unmittelbar nach dem Unfall noch am Unfallort abgegeben wird.
Grundsätzlich gilt, dass an ein rechtsverbindliches Schuldanerkenntnis und einen entsprechenden Verpflichtungswillen recht hohe Anforderungen zu stellen sind. Im Zweifel wird man bei einer mündlich oder schriftlich abgegebenen Erklärung eher von einem bloßen Schuldbekenntnis ohne verbindlichen Verpflichtungswillen ausgehen, welches allenfalls die Beweislage für den einen Teil verbessert und für den anderen Teil verschlechtert (sog. Zeugnis gegen sich selbst mit Indizwirkung für ein unfallursächliches Verhalten - was möglicherweise aber auch nicht zu unterschätzen ist und eine gewisse rechtliche Tragweite haben kann).
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Ist die Kfz-Haftpflichtversicherung des Unfallgegners mein Freund und Helfer, also auf meiner Seite?
Ein klares Nein! Die gegnerische Kfz-Haftpflichtversicherung steht auf der Seite des Unfallgegners und hat auch bei eindeutiger Schuld- und Haftungslage ein eigenes wirtschaftliches Interesse daran, die geltend gemachten Schäden so klein wie möglich zu halten und so wenig wie möglich zu bezahlen.
Daher kommt es nicht selten zunächst zu unberechtigten Abzügen bei Schadensregulierung oder aber zu haltlosen Vorwürfen und Einwänden, denen sich meistens jedoch früh erfolgreich entgegentreten lässt.
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Wegeunfall – Welche Besonderheiten sind hier zu beachten?
Verkehrsunfälle ereignen sich nicht selten auf dem Weg zur Arbeit oder auf dem Weg von der Arbeit zurück nach Hause. Hierbei handelt es sich um einen sog. Wegeunfall.
Führt dieser Wegeunfall zu einer Arbeitsunfähigkeit, muss ein Durchgangsarzt (D-Arzt) aufgesucht werden. Handelt es sich um eine unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit von mehr als drei Kalendertagen besteht eine Meldepflicht Ihres Arbeitgebers bei der gesetzlichen Unfallversicherung – dies wiederum bedeutet, dass Sie als Arbeitnehmer verpflichtet sind, den Wegeunfall auch Ihrem Arbeitgeber zu melden. Träger der gesetzlichen Unfallversicherung sind die Berufsgenossenschaften bzw. Unfallkassen.
Bei einem anerkannten Wegeunfall haben Sie - unabhängig von Schadensersatzansprüchen gegen den Unfallverursacher - Anspruch auf Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung. Die gesetzliche Unfallversicherung kümmert sich dann darum, sich die Ihnen gegenüber erbrachten Leistungen von dem Unfallverursacher bzw. dessen Kfz-Haftpflichtversicherung wieder zurückzuholen.
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Macht der Rechtsanwalt die Schadensabwicklung nur komplizierter und zeitaufwendiger?
Auch wenn dies die eine oder andere Versicherung möglicherweise behauptet, um die Beauftragung eines Rechtsanwaltes von vornherein abzuwenden – Ein klares Nein!
Das Gegenteil ist in aller Regel der Fall: Es findet von Anfang an eine
- geordnete und zielgerichtete Vorbereitung der Schadensregulierung,
- umfassende Anspruchsstellung unter Beachtung aller in Betracht kommenden Schadensersatzansprüche und
- Kommunikation mit der gegnerischen Versicherung auf Augenhöhe (Stichwort: Waffengleichheit) statt.
Im schlimmsten Fall machen Sie bereits am Anfang schwerwiegende Fehler bei der Schadensabwicklung, die dazu führen, dass Sie auf Ihrem Schaden und Ihren Kosten (bspw. Sachverständigenkosten) vollständig oder teilweise sitzen bleiben.
Da die gegnerische Versicherung bei alleiniger Schuld des Unfallgegners die Rechtsanwaltskosten als weitere Schadensposition vollständig erstatten muss, ist es vielmehr zielführend, von Anfang an einen Rechtsanwalt hinzuzuziehen und ihn mit der Schadensabwicklung zu beauftragen. Dies hält Ihnen den Rücken frei und führt in aller Regel zu schnelleren und besseren Regulierungsergebnissen.
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Wo sind wir für Sie tätig?
Unsere spezialisierten Verkehrsanwälte bieten rechtlichen Beistand für Fulda, Eichenzell und die Umgebung:
Kontaktieren Sie uns gerne und vereinbaren Sie einen Beratungstermin.
Unfallhergang
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Auffahrunfall – Wer auffährt, ist schuld?
Bei einem Auffahrunfall kollidiert ein fahrendes Fahrzeug mit einem vor ihm fahrenden oder stehenden Fahrzeug. In der Regel kollidiert die Front des auffahrenden Fahrzeuges mit dem Heck des vor ihm befindlichen (stehenden oder fahrenden) Fahrzeuges.
In diesem Fall gilt der sog. Anscheinsbeweis (auch Beweis des ersten Anscheins genannt) dahingehend, dass derjenige, der aufgefahren ist, auch schuld an den Auffahrunfall ist. Es wird also zunächst vermutet, dass der Fahrer des auffahrenden Fahrzeuges
a) zu schnell gewesen ist und deshalb nicht mehr rechtzeitig bremsen konnte,
b) zu geringen Sicherheitsabstand zu dem vor ihm befindlichen Fahrzeug eingehalten hat oder
c) schlicht zu unaufmerksam war (und bspw. nicht merkte, dass das vor ihm befindliche Fahrzeug anhält bzw. langsamer wird).
Dieser Vermutung liegt die auf Erfahrungssätzen beruhende Annahme zugrunde, dass bei einem Auffahrunfall in aller Regel (Anmerkung: Aber eben nicht immer!) der Auffahrende durch ein sorgfaltswidriges Verhalten seinerseits den Auffahrunfall auch allein schuldhaft verursacht hat (typischer Geschehensablauf bei Auffahrunfällen).
Diese dem sog. Anscheinsbeweis zugrundeliegende Vermutung kann allerdings erschüttert werden, d.h. der Auffahrende, gegen den der Anscheinsbeweis zunächst spricht und dem dadurch zunächst ein Verschulden unterstellt wird, kann durchaus Tatsachen für einen atypischen Geschehensablauf darlegen und beweisen, mithin Umstände vortragen,
a) die gerade dagegensprechen, dass er sich als Auffahrender sorgfaltswidrig und damit schuldhaft verhalten habe, und
b) die gerade dafürsprechen, dass sich vielmehr der Vorausfahrende sorgfaltswidrig verhalten und den Auffahrunfall damit allein schuldhaft verursacht hat.
Beispielsweise kann der Auffahrende vortragen und ggfs. unter Beweis stellen (bspw. durch einen Beifahrer als Zeugen), dass der Vorausfahrende grundlos und ohne Not eine Vollbremsung vorgenommen hat, während der Auffahrende trotz aufmerksamer und ordnungsgemäßer Fahrweise (Einhaltung des Sicherheitsabstandes usw.) aufgrund des plötzlich stoppenden Fahrzeuges den Auffahrunfall nicht mehr vermeiden/abwenden konnte.
Auch ein kurz vor dem Auffahrunfall von dem Vorausfahrenden vorgenommener Wechsel in die Fahrspur des Auffahrenden und vor dessen Fahrzeug (bspw. auf mehrspurigen Landstraßen oder Autobahnen) kann dazu führen, dass der Anscheinsbeweis zu Lasten des Auffahrenden gar nicht erst zur Anwendung kommt, zumindest aber erschüttert werden kann (weil der die Fahrspur wechselnde Vorausfahrende bei seinem Spurwechsel bspw. nicht darauf geachtet hat, für einen ausreichenden Sicherheitsabstand zu den Fahrzeugen zu sorgen, die in der anderen Spur - möglicherweise mit höherer Geschwindigkeit - angefahren kommen).
Kann der Auffahrende den gegen ihn zunächst sprechenden Anscheinsbeweis („wer auffährt, ist auch schuld“) erschüttern bzw. kommt der Anscheinsbeweis gar nicht erst zur Anwendung, gilt die im Zivilprozessrecht allgemein geltende Beweislastverteilung, d.h. der Vorausfahrende muss beweisen, dass der Auffahrende auch tatsächlich schuld an den Unfall ist. Genauso muss der Auffahrende den atypischen Geschehensablauf (bspw. grundlose Vollbremsung des Vorausfahrenden, riskanter Spurwechsel usw.) beweisen, will er den bei ihm durch den Auffahrunfall verursachten Unfallschaden von dem Vorausfahrenden ersetzt bekommen.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass nach der Lebenserfahrung in den meisten Fällen der Auffahrende auch tatsächlich schuld an dem Auffahrunfall ist (weshalb zunächst der sog. Anscheinsbeweis gegen den Auffahrenden spricht), im Einzelfall jedoch ein atypischer Geschehensablauf vorliegen kann (bspw. grundlose Vollbremsung oder riskanter Spurwechsel des Vorausfahrenden), der bei entsprechender Beweisbarkeit dazu führt, dass dem Auffahrenden gerade kein Verschulden vorgeworfen werden kann und damit eigene Schadensersatzansprüche des Auffahrenden gegen den Vorausfahrenden in Betracht kommen und geltend gemacht werden können.
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„Rechts vor links“ auf öffentlich zugänglichen Parkplätzen ohne ausdrückliche Vorfahrtsregelung?
Unsere Straßenverkehrs-Ordnung (StVO), genauer gesagt § 8 Abs. 1 S. 1 StVO, beinhaltet den Grundsatz, dass an Kreuzungen und Einmündungen derjenige Vorfahrt hat, der von rechts kommt („rechts vor links“), wenn die Vorfahrt nicht durch entsprechende Verkehrszeichen besonders geregelt ist.
Nicht selten kommt es auf öffentlich zugänglichen Parkplätzen ohne ausdrückliche Vorfahrtsregelung zu Zusammenstößen zwischen zwei, aus unterschiedlichen Richtungen kommenden und aufeinandertreffenden Fahrzeugen. Nach dem Verkehrsunfall stellt sich im Rahmen der zivilrechtlichen Schadensregulierung bei der Beurteilung, wer den Unfall letzten Endes verschuldet hat, die Frage, ob einer der betroffenen Verkehrsteilnehmer Vorfahrt hatte und dementsprechend einer der beiden Verkehrsteilnehmer hätte warten und den anderen zunächst gewähren lassen müssen.Oftmals wird in diesem Zusammenhang behauptet, dass die Schuldfrage mit Hilfe des Grundsatzes „rechts vor links“ recht einfach zu beantworten sei:
Danach habe derjenige, der von rechts kommt, Vorfahrt, sodass derjenige, der von links kommt, Rücksicht zu nehmen und schlicht zu warten habe. Tue der von links kommende Fahrer dies nicht, sei von einer Verletzung des Vorfahrtsrechtes des anderen und damit von einem schuldhaften Handeln des von links kommenden Verkehrsteilnehmers auszugehen. Kommt es infolgedessen zu einem Zusammenstoß der Fahrzeuge, sei von einer schuldhaften Unfallverursachung durch den von links kommenden und vermeintlich verkehrswidrig handelnden Fahrer auszugehen.
Ganz so einfach ist es jedoch nicht:
Der BGH stellte mit seinem Urteil vom 22.11.2022, Az. VI ZR 344/21, zwar fest, dass die Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) durchaus auf einem öffentlich zugänglichen Parkplatz Anwendung findet.
Allerdings findet der in § 8 Abs. 1 S. 1 StVO normierte Grundsatz „rechts vor links“, der für Einmündungen und Kreuzungen ohne gesonderte Vorfahrtsregelung gilt, keine Anwendung, soweit den auf dem Parkplatz vorhandenen und sich treffenden Fahrspuren kein eindeutiger Straßencharakter zukommt.
Um von einer „Kreuzung“ oder „Einmündung“ i.S.d. § 8 Abs. 1 S. 1 StVO zu sprechen, bei der „rechts vor links“ in Betracht kommt, muss es sich bei den aufeinanderstoßenden Fahrbahnen nämlich um Straßen handeln, die aufeinandertreffen.
Ein Parkplatz hingegen ist erst einmal keine Straße, sondern eine Verkehrsfläche, die in jeder Richtung befahren werden kann. Den Fahrbahnen auf einem Parkplatz kommt in aller Regel auch kein Straßencharakter zu, da sie in aller erster Linie der Aufteilung und Erschließung von Parkflächen dienen und regelmäßig sowohl von Fahrzeugen als auch Fußgängern genutzt werden.
Ausnahmsweise kann auf einem Parkplatz von Fahrbahnen mit Straßencharakter und damit von (aufeinandertreffenden) Straßen gesprochen werden, wenn sich durch die bauliche Gestaltung der Fahrspuren und die sonstigen örtlichen Gegebenheiten für den Verkehrsteilnehmer unmissverständlich ergibt, dass die Fahrbahnen gerade nicht der Aufteilung und unmittelbaren Erschließung der Parkflächen, sondern in erster Linie der Zu- und Abfahrt und damit dem fließenden Verkehr dienen. Dies ist in den meisten Fällen allerdings nicht der Fall.
Fehlt es also an einem solch eindeutigen Straßencharakter der sich treffenden Fahrbahnen/-gassen, kommt auf öffentlich zugänglichen Parkplätzen auch nicht die Vorfahrtsregel "rechts vor links" i.S.d. § 8 Abs. 1 S. 1 StVO zur Anwendung, weil es sich nicht um "Kreuzungen" oder "Einmündungen" i.S.d. Vorschrift handelt.
Es gilt sodann – weil auf einem öffentlich zugänglichen Parkplatz die StVO aber grundsätzlich anwendbar ist – das von den Nutzern des Parkplatzes zwingend zu beachtende, sich aus § 1 StVO ergebende Gebot wechselseitiger Rücksichtnahme, sodass sich die aus unterschiedlichen Richtungen aufeinandertreffenden Verkehrsteilnehmer über die weitere Fahrt schlicht miteinander zu verständigen haben.
In der Praxis ist daher Folgendes zu beachten:
Zum einen muss der von links kommende Verkehrsteilnehmer vorsichtshalber davon ausgehen, dass der von rechts kommende Verkehrsteilnehmer rechtsirrig und damit fälschlicherweise meint, nach dem Grundsatz „rechts vor links“ Vorfahrt zu haben und insoweit auch auf sein vermeintliches Recht (welches er nicht hat) besteht. Schließlich hält sich der Mythos „rechts vor links auf Parkplätzen“ hartnäckig.
Des Weiteren wird der von rechts kommende Verkehrsteilnehmer nur in den seltensten Fällen rechtssicher beurteilen können, ob die sich treffenden Fahrgassen aufgrund der baulichen Gestaltung der Fahrspuren und der sonstigen örtlichen Gegebenheiten auf dem Parkplatz Straßenqualität besitzen, sodass von einer „Kreuzung“ i.S.d. § 8 Abs. 1 S. 1 StVO gesprochen werden kann mit der Folge, dass er nach dem Grundsatz „rechts vor links“ tatsächlich Vorfahrt hat. Vorsichtshalber sollte hier nicht vorschnell auf ein vermeintliches Vorfahrtsrecht bestanden werden und vielmehr in eine Verständigung mit dem anderen, von links kommenden Verkehrsteilnehmer eingetreten werden.
Im Zweifel sollten Verkehrsteilnehmer davon ausgehen, dass den Fahrgassen auf dem Parkplatz keine Straßenqualität zukommt und der Grundsatz „rechts vor links“ gerade nicht gilt.
Dem folgend sollten sich die aufeinandertreffenden Verkehrsteilnehmer nach dem allgemeinen Gebot wechselseitiger Rücksichtnahme zunächst über die weitere Fahrt und die Frage, wer nun „zuerst“ fahren kann/soll, verständigen.
Anmerkung:
Kommt es sodann aufgrund von Verständigungsschwierigkeiten dennoch zu einem Zusammenstoß der Fahrzeuge (Verkehrsunfall) wird man naheliegender Weise davon ausgehen müssen, dass die Verkehrsteilnehmer unterschiedlicher Meinung waren, über was man sich im Ergebnis verständigt hätte – die Klärung der Haftungsfrage dürfte sich im Falle gescheiterter Verständigungsgespräche und aufgrund der unterschiedlichen Auffassungen der Unfallbeteiligten dann durchaus kompliziert gestalten und allenfalls – wenn überhaupt – mit Hilfe von Zeugen einigermaßen bewertbar und lösbar sein (bspw.: Was haben sich die Verkehrsteilnehmer gegenseitig mehr oder weniger eindeutig signalisiert und wie durfte der eine Verkehrsteilnehmer die Signale und das Handeln des jeweils anderen im Ergebnis deuten und verstehen?).
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Überholen einer Fahrzeugkolonne und Zusammenstoß mit einem aus der Kolonne ausscherenden Fahrzeug - Was ist zu beachten?
Es ist zunächst einmal nicht zu beanstanden, wenn sich ein Fahrzeugführer dazu entschließt, eine längere Fahrzeugkolonne bei klarer Verkehrslage (bspw. bei gerader Strecke und keinen Anzeichen, dass ein vorausfahrendes Fahrzeug aus der Kolonne ebenfalls nach links ausscheren könnte) zu überholen. Allenfalls erhöht sich dadurch erst einmal nur die Betriebsgefahr des Überholenden, die sich der Überholende im Falle eine Unfalls mit einem aus der Kolonne ausscherenden Fahrzeug bei der Schadensregulierung gegebenenfalls anrechnen lassen muss. Ein Mitverschulden begründet die Tatsache, dass man sich dazu entschlossen hat, eine ganze Fahrzeugkolonne zu überholen, erst einmal nicht.
Entschließt sich nach Ansetzen zum Überholvorgang dann auch ein vorausfahrender Fahrzeugführer aus der Fahrzeugkolonne dazu, mit seinem Fahrzeug nach links auszuscheren (bspw. um ebenfalls zu überholen oder nach links abzubiegen), so hat derjenige, der sich bereits zuvor dazu entschlossen hatte, die Fahrzeugkolonne zu überholen, und demnach bereits zum Überholvorgang angesetzt hat, Vorrang gegenüber dem nachträglich aus der Kolonne ausscherenden Fahrzeug. Dies gilt zumindest dann, wenn der Überholende zu Beginn des Überholvorganges noch nicht damit rechnen musste, dass ein in der Kolonne befindliches Fahrzeug ebenfalls nach links ausscheren wird/könnte.
Entschließt sich ein Fahrzeugführer also dazu, aus einer Fahrzeugkolonne nach links auszuscheren, trifft ihn zunächst eine entsprechende Rückschaupflicht, um vor dem Ausscheren feststellen zu können, ob nicht bereits ein hinter ihm fahrendes Fahrzeug zum Überholvorgang angesetzt hat und sich bereits in der linken Spur befindet. Bei klarer Verkehrslage, bei der auch ein in der Fahrzeugkolonne befindlicher Fahrzeugführer nur zum Überholvorgang ansetzen darf (bspw. bei gerader Strecke), kann bei Befolgung der Rückschaupflicht in der Regel auch festgestellt werden, ob nicht bereits ein anderes Fahrzeug zum Überholen angesetzt hat und sich auf der linken Spur befindet.
Auch muss ein bei zunächst klarer Verkehrslage bereits begonnener Überholvorgang nicht abgebrochen werden, wenn sich während des Überholvorganges die Verkehrslage nachträglich dadurch ändert, dass sich ein in der Kolonne befindlicher Fahrzeugführer erst anschließend ebenso dazu entscheidet, nach links auszuscheren, und dies sodann durch das Setzen des linken Blinkers ankündigt. Denn der Abbruch eines bereits begonnenen Überholvorganges kann unter Umständen gefährlicher sein, als dessen Fortsetzung, insbesondere, wenn ein gefahrenloses Wiedereinscheren nicht möglich ist. Mit den Worten des OLG Celle (ebd.) in Einklang mit der gefestigten Rechtsprechung des BGH:
"Wer sich sehenden Auges in eine unklare Verkehrslage begibt, nimmt eine Gefährdung für sich und andere in Kauf. Dies gilt aber nicht für denjenigen, der erlaubterweise einen Überholvorgang beginnt und erst in dessen Verlauf mit Unklarheiten konfrontiert wird.
Wer ordnungsgemäß zum Überholen angesetzt hat, darf darauf vertrauen, dass sich kein vorausfahrender Fahrzeugführer verkehrswidrig verhält und vorschriftswidrig ausschert oder nach links abbiegt (vgl. BGH, Urteil vom 23.09.1986, VI ZR 46/85, Rn. 12, juris; OLG Karlsruhe, Urteil vom 10. September 2018 – 1 U 155/17, Rn. 47, juris). Ihm steht der Vorrang gegenüber den Vorausfahrenden zu. Denn von mehreren hintereinander fahrenden Fahrzeugen hat dasjenige Vortritt beim Überholen, das zuerst korrekt hierzu ansetzt (BGH aaO; OLG Karlsruhe, Urteil vom 10. September 2018 – 1 U 155/17, Rn. 47, juris; sowie Urteil vom 08.06.2001 - 10 U 77/01, Rn. 14, juris). Nichts anderes gilt im Fall einer Fahrzeugkolonne, wonach insbesondere der Versuch, in einem Zug zwei voranfahrende Personenkraftwagen zu überholen, nicht stets eine besonders gefahrenträchtige Fahrweise darstellt, die bei einer nach § 17 StVG zu treffenden Abwägung ins Gewicht fällt (BGH, Urteil vom 23. September 1986 – VI ZR 46/85, Rn. 12)[...]"
Jedoch trifft denjenigen, der bei hoher Geschwindigkeit mehrere Kraftfahrzeuge überholt, ebenfalls eine erhöhte Sorgfaltspflicht, weil das Überholen einer ganzen Kolonne einen gefahrerhöhenden Umstand darstellt, der gegebenenfalls zu einer Mithaftung führt. Auch eine leichte Vermeidbarkeit des Unfalls kann zu Lasten desjenigen, der zuerst zum Überholvorgang angesetzt hat, trotz seiner Vorrangstellung berücksichtigt werden und sich anspruchsmindernd auswirken.
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Verkehrsunfall in der Schweiz – Was müssen deutsche Unfallgeschädigte beachten?
Aufgrund der Tatsache, dass die Schweiz unmittelbar an Deutschland grenzt, jedoch kein Mitglied der Europäischen Union (EU) ist, während sie aufgrund einer Vielzahl von Abkommen (bspw. Lugano-Übereinkommen = Luganer Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen – LugÜ) eine enge Beziehung zur Europäischen Union unterhält, stellen sich für deutsche Unfallgeschädigte bei unverschuldeten Verkehrsunfällen, die sich in der Schweiz mit einem bei einer schweizerischen Kfz-Haftpflichtversicherung versicherten Fahrzeug ereignet haben, zahlreiche Fragen in Zusammenhang mit der Unfallschadenregulierung.
Nachfolgend ein Leitfaden für deutsche Unfallgeschädigte:
Muss sich der Geschädigte an die schweizerische Kfz-Haftpflichtversicherung des Unfallgegners wenden, um seine Schadensersatzansprüche geltend zu machen?
Nein. Anhand des schweizerischen Kennzeichens kann über den Zentralruf der Autoversicherer (www.zentralruf.de) sowohl die schweizerische Versicherung als auch eine deutsche Versicherung ermittelt werden, die von der schweizerischen Versicherung als zuständiger Schadensregulierungsbeauftragter benannt wurde. Ist das schweizerische Kennzeichen und die schweizerische Versicherung des Unfallgegners bekannt (bspw., weil im besten Fall direkt am Unfallort noch alle Daten der Unfallbeteiligten ausgetauscht wurden), bekommt man in aller Regel eine sofortige Auskunft, welche deutsche Versicherung als Schadensregulierungsbeauftragter für die schweizerische Versicherung zuständig ist. Kennt man lediglich das Kennzeichen des schweizerischen Fahrzeuges, kann es gegebenenfalls 24 bis 48 Stunden dauern, bis man die entsprechende Auskunft zur schweizerischen Versicherung un den deutschen Schadensregulierungsbeauftragten durch den Zentralruf erhält. Die Auskunft des Zentralrufes sieht dann bspw. wie folgt aus (beispielhafter Abruf über den Zentralruf mithilfe eines schweizerischen Kennzeichens – nachfolgend anonymisiert - am 08.02.2024; keine Gewähr für Richtigkeit bzw. Aktualität der Angaben):
„Sehr geehrte Damen und Herren,
zu dem Kennzeichen XY 123456 konnte folgender Versicherer zum Unfalldatum 21.07.2023 ermittelt werden:
Vaudoise Assurances
Case postale 120
1001 Lausanne
Tel.: +41 21 618 88 88
Fax.: +41 21 618 81 46
Von dem genannten Versicherer wurde in Deutschland ein Schadenregulierungsbeauftragter benannt. Bitte wenden Sie sich zur Geltendmachung der Schadensersatzansprüche an:
R+V Allgemeine Versicherungs AG
John-F.-Kennedy-Str. 1
65189 Wiesbaden
Tel.: +49-611/533-885
Fax: +49-611/5332952
E-Mail: schaden_kfz_dir@ruv.de“
Die Schadensregulierung gestaltet sich daher nicht anders bzw. aufwendiger als bei einem Verkehrsunfall in Deutschland mit einem deutschen Unfallgegner. Der Unfallgeschädigte bzw. dessen Rechtsanwalt korrespondiert einzig und allein mit einer deutschen Versicherung als Schadensregulierungsbeauftragtem, die sich wiederum mit der schweizerischen Kfz-Haftpflichtversicherung in Verbindung setzt. Der Unfallgeschädigte muss nicht selbst mit der schweizerischen Versicherung Kontakt aufnehmen, um seine Schadensersatzansprüche geltend zu machen.
Wer ist richtiger Klagegegner, wenn die Schadensersatzansprüche des Unfallgeschädigten vollständig oder teilweise zurückgewiesen werden?
Sollte die deutsche Versicherung als zuständiger Schadensregulierungsbeauftragter namens und im Auftrage der schweizerischen Versicherung die geltend gemachten Schadensersatzansprüche vollständig oder teilweise zurückweisen, ist richtigerweise die schweizerische Versicherung selbst zu verklagen, nicht jedoch die deutsche Versicherung, die lediglich als Schadensregulierungsbeauftragter tätig wird. Nach geltendem Recht hat der Unfallgeschädigte – wie es auch bei Unfällen in Deutschland mit einem bei einer deutschen Kfz-Haftpflichtversicherung der Fall ist – gegen die schweizerische Versicherung einen sog. Direktanspruch, d.h. er kann seine Schadensersatzansprüche direkt gegenüber der schweizerischen Versicherung auf dem Klageweg geltend machen, ohne sich an den schuldhaft handelnden Unfallgegner selbst halten zu müssen.
Richtet der Unfallgeschädigte seine Schadensersatzklage also nicht gegen die schweizerische Versicherung selbst, sondern gegen den deutschen Schadensregulierungsbeauftragten, ist die Klage mangels Passivlegitimation des Schadensregulierungsbeauftragten (= falscher Klagegegner) begründet und wird abgewiesen. Aber: Die Klageschrift gegen die schweizerische Versicherung kann und darf dem inländischen Schadensregulierungsbeauftragten zugestellt werden, womit auch etwaige Übersetzungserfordernisse entfallen würden (denn normalerweise muss eine Klageschrift gegebenenfalls zunächst in die ausländische Sprache übersetzt werden, wenn man eine ausländische, natürliche oder juristische Person verklagt).
Muss der Geschädigte seine Schadensersatzklage gegen die schweizerische Kfz-Haftpflichtversicherung vor einem Gericht in der Schweiz erheben oder kann er vor einem deutschen Gericht klagen?
Grundsätzlich gilt Folgendes:
Bereits bei einem Unfall, der sich im EU-Ausland ereignet hat, hat der Geschädigte gem. Art. 11 EuGVVO gegen die gegnerische Haftpflichtversicherung, die ihren Geschäftssitz in der EU hat, einen Direktanspruch, wobei der Geschädigte die ausländische Versicherung nach gefestigter höchstgerichtlicher Rechtsprechung (EuGH und BGH) unmittelbar an seinem inländischen Wohnort verklagen kann. Beispiel:
Hatte der in Fulda (Hessen, Deutschland) wohnende Geschädigte einen Verkehrsunfall in Italien (Mitglied der Europäischen Union) mit einem bei einer italienischen Kfz-Haftpflichtversicherung versicherten Fahrzeug, kann der deutsche Geschädigte seinen Direktanspruch gegen die italienische Kfz-Haftpflichtversicherung - je nach Streitwert - am Amts- oder Landgericht in Fulda (Deutschland) gerichtlich geltend machen, falls der für die italienische Versicherung zuständige deutsche Schadensregulierungsbeauftragte (bspw. die deutsche Allianz Versicherungs-AG) die Schadensersatzansprüche auftragsgemäß (teilweise oder vollständig) außergerichtlich zurückweist.
Die vorstehenden Ausführungen sind für einen Unfall, der sich in der Schweiz (kein EU-Mitglied) mit einem schweizerischen Fahrzeug ereignet hat, deshalb von Relevanz, weil Entsprechendes auch für diesen Unfallsachverhalt gilt. Denn nach den Art. 9 und 11 des Luganer Übereinkommens (LugÜ) kann der Geschädigte seinen gegen die schweizerische Kfz-Haftpflichtversicherung bestehenden Direktanspruch ebenfalls beim Gericht seines Wohnsitzes, mithin vor einem deutschen Gericht, geltend machen.
Kurz gesagt: Deutsche Gerichte sind international und örtlich für eine Direktklage des Unfallgeschädigten gegen eine schweizerische Versicherung zuständig
Wichtig: Die vorstehenden Ausführungen zur Zuständigkeit deutscher Gerichte gelten nur für eine Klage gegen die schweizerische Versicherung. Für den Unfallgegner selbst (Fahrer und/oder Halter) gilt der deutsche Gerichtsstand nicht. Es kann also nur die schweizerische Versicherung vor einem deutschen Gericht verklagt werden (was in aller Regel aber auch ausreichend und in erster Linie gewollt ist).
Welches Recht (Schadensersatzrecht) findet außergerichtlich und gerichtlich bei einem Verkehrsunfall in der Schweiz Anwendung?
Sowohl außergerichtlich als auch gerichtlich gilt das Recht desjenigen Ortes, an dem sich der Verkehrsunfall ereignet hat (Unfallort, Tatort). Hat sich der Unfall in der Schweiz oder einem EU-Land ereignet, findet das schweizerische Schadensersatzrecht bzw. das Recht des jeweiligen EU-Landes Anwendung. Dies gilt sowohl für die Haftung dem Grunde nach (Schuldfrage) als auch für die Haftung der Höhe nach (konkret erstattungsfähige Schadenspositionen).
Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass man
a) außergerichtlich ausschließlich mit einem von der ausländischen Versicherung benannten deutschen Schadensregulierungsbeauftragten korrespondiert, und/oder
b) die ausländische Versicherung vor einem deutschen Gericht verklagt.
Im Ergebnis bedeutet dies auch, dass ein deutsches Gericht im Zweifel ausländisches Recht zur Anwendung bringen muss. Hierfür können sich Gerichte zur Klärung des Falles auch eines Rechtsgutachtens bedienen, mit Hilfe dessen die mit der Klage geltend gemachten Ansprüche (Haftung dem Grunde und der Höhe nach) abschließend beurteilt werden können. Denn die Schuld- und Haftungsfrage kann sich nach ausländischem Recht möglicherweise nach ganz anderen Faktoren beurteilen, als es nach deutschem Recht der Fall wäre. Gleiches gilt für konkrete Schadenspositionen (bspw. Schmerzensgeldhöhe, Nutzungsausfallentschädigung usw.), die vielleicht nach deutschem Recht erstattungsfähig sind, nach ausländischen Recht jedoch nicht (ohne Weiteres).
Welche Unterschiede bestehen zu deutschem Recht und welche Schadenspositionen stehen einem Unfallgeschädigten nach schweizerischem Recht zu bzw. im Gegensatz zu deutschen Recht nicht zu?
Wichtig ist zunächst, dass Schadensersatzansprüche aus einem Verkehrsunfall nach schweizerischen Recht bereits nach zwei Jahren verjähren, während in Deutschland eine dreijährige Verjährungsfrist gilt.
Nach schweizerischem Recht erstattungsfähige Schadenspositionen:
- Reparaturkosten (bei Reparaturschaden)
- Wiederbeschaffungsaufwand (bei Totalschaden)
- Mietwagenkosten (bei Erforderlichkeit eines Ersatzfahrzeuges)
- Abschleppkosten
- Sachverständigen-/Gutachterkosten (bei Erforderlichkeit)
- Wertminderung
- Selbstbeteiligung in der
- Vollkaskoversicherung
- Kosten für Übernachtung/Verpflegung
- Anwaltskosten (bei Erforderlichkeit)
- Ggfs. weitere Positionen wie Aufwendungen für Post, Auslagen usw.
- Heil- und Behandlungskosten (soweit nicht von einer Krankenkasse übernommen)
- Verdienstausfälle
- Schmerzensgeld
Nach schweizerischem Recht nicht erstattungsfähige Positionen insb.:
- Nutzungsausfall
- Entgangene Urlaubsfreude
Sachschaden
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Was steht mir bei einem Schaden an meinem Fahrzeug zu?
Grundsätzlich gilt: Alle unfreiwilligen Vermögenseinbußen, die Sie aufgrund des Unfalls erleiden und die Ihnen nicht entstanden wären, wenn Sie den Unfall nicht erlitten hätten, stellen erstattungsfähige und von der gegnerischen Kfz-Haftpflichtversicherung zu ersetzende Schadenspositionen dar.
Dabei kommt es darauf an, ob es sich bei dem Sachschaden um einen (wirtschaftlichen) Totalschaden oder einen reparaturwürdigen Schaden (Reparaturschaden) handelt.
Typische Schadenspositionen bei einem Reparaturschaden sind (nicht abschließend):
- Reparaturkosten (ggfs. mit MwSt., falls tatsächlich eine Reparatur mit Rechnung erfolgt)
- Eigene Rechtsanwaltskosten
- Sachverständigenkosten (Kosten für die Erstellung eines Schadengutachtens)
- Kosten für die Erstellung eines Kostenvoranschlages durch eine Werkstatt
- Verbringungskosten (bspw. Transportkosten für Lackierarbeiten in einer Lackiererei)
- Abschleppkosten (wenn das Fahrzeug nach dem Unfall nicht mehr fahrbereit bzw. verkehrssicher ist)
- Standgebühren (bspw. infolge des Abschleppvorgangs zur Werkstatt)
- § Unfallbedingte Auslagenpauschale für diverse Aufwendungen (zwischen 20,- und 30,- €)
- Nutzungsausfallentschädigung (als Entschädigung für die fehlende Nutzungsmöglichkeit)
- Kosten für einen Mietwagen (alternativ zur Nutzungsausfallentschädigung)
- Typische Schadenspositionen bei einem (wirtschaftlichen) Totalschaden sind:
- Erstattung des Wiederbeschaffungsaufwandes für die Beschaffung eines gleichwertigen Ersatzfahrzeuges
- Eigene Rechtsanwaltskosten
- Sachverständigenkosten (Kosten für die Erstellung eines Schadengutachtens)
- Abschleppkosten (wenn das Fahrzeug nach dem Unfall nicht mehr fahrbereit bzw. verkehrssicher ist)
- Standgebühren (bspw. in Folge des Abschleppvorganges auf den Parkplatz des Abschleppunternehmens)
- Unfallbedingte Auslagenpauschale für diverse Aufwendungen (zwischen 20,- und 30,- €)
- Nutzungsausfallentschädigung (als Entschädigung für die fehlende Nutzungsmöglichkeit)
- Kosten für einen Mietwagen (alternativ zur Nutzungsausfallentschädigung)
- Überführungs- bzw. Transportkosten für das gleichwertige Ersatzfahrzeug
- Kosten für die Abmeldung des totalbeschädigen Fahrzeuges und die Anmeldung des Ersatzfahrzeuges (Ummeldung)
Die vorstehende Auflistung ist selbstverständlich nicht abschließend. Nach dem obenstehenden Grundsatz, dass die gegnerische Versicherung alle unfreiwilligen Vermögenseinbußen erstatten muss, die Sie aufgrund des Unfalls erlitten haben und die nicht entstanden wären, wenn das Unfallsereignis nicht eingetreten wäre, können viele weitere Schadenspositionen hinzukommen, die Ihnen möglichweise gar nicht so bewusst sind.
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Wirtschaftlicher Totalschaden – Was ist das und darf ich mein Fahrzeug trotzdem reparieren lassen?
Ihr Fahrzeug hat einen sog. wirtschaftlichen Totalschaden erlitten, wenn die unfallbedingten Reparaturkosten höher sind als der sog. Wiederbeschaffungsaufwand (WBA).
Der Wiederbeschaffungsaufwand ist die Differenz zwischen dem sog. Wiederbeschaffungswert (WBW), also dem Preis für ein gleichwertiges Ersatzfahrzeug, und dem Restwert (RW), den das totalbeschädigte Fahrzeug noch hat (also der Preis, für den Sie Ihr totalbeschädigtes Fahrzeug noch auf dem Markt verkaufen können).
Bei einem sog. wirtschaftlichen Totalschaden ist es also unwirtschaftlich, das reparaturfähige Fahrzeug (Unterschied zum „normalen“, technischen Totalschaden) reparieren zu lassen, weil es günstiger für Sie ist, sich ein vergleichbares Ersatzfahrzeug zuzulegen. Sie erhalten also von der gegnerischen Versicherung den sog. Wiederbeschaffungsaufwand (WBA) ersetzt, während Sie Ihr totalbeschädigtes Fahrzeug zum Restwert (RW) veräußern und dieses Geld ebenfalls für die Ersatzbeschaffung verwenden können. Meistens unterbreiten die gegnerischen Versicherungen bereits konkrete Kaufangebote gewerblicher Restwertkäufer für Ihr beschädigtes Fahrzeug.
Aber: Da Ihr Fahrzeug durchaus repariert und anschließend weiterbenutzt werden kann, während Sie möglicherweise auch ein individuelles Interesse an der Weiternutzung Ihres Fahrzeuges und gerade kein Interesse an einem Ersatzfahrzeug haben (sog. Integritäts- bzw. Erhaltungsinteresse), gibt es die sog. 130%-Regelung:
Liegt die Summe aus Reparaturkosten (inkl. MwSt.) und unfallbedingter Wertminderung des totalbeschädigten Fahrzeuges bei maximal 130 Prozent des Wiederbeschaffungswertes (WBW) dürfen Sie Ihr Fahrzeug durchaus reparieren lassen und müssen sich nicht auf die Beschaffung eines gleichwertigen Ersatzfahrzeuges und die Zahlung des Wiederbeschaffungsaufwandes (WBA) verweisen lassen.
Damit die gegnerische Versicherung allerdings auch tatsächlich die Reparaturkosten und nicht nur den Wiederbeschaffungsaufwand (WBA) zahlt, müssen neben der 130%-Grenze an sich zwei weiteren Voraussetzungen erfüllt werden:
- Sie müssen Ihr Fahrzeug nachweislich vollständig sach- und fachgerecht nach Maßgabe des Schadengutachtens reparieren (lassen). Auch die sach- und fachgerechte Eigenreparatur ist möglich, muss dann aber durch einen Sachverständigen bestätigt werden.
- Sie müssen Ihr repariertes Fahrzeug anschließend noch mindestens sechs Monate weiternutzen (damit bringen Sie Ihr individuelles Interesse, das sog. Integritätsinteresse, an der Weiternutzung des totalbeschädigten Fahrzeuges zum Ausdruck). In der Regel genügt der gegnerischen Versicherung eine ausdrückliche Bestätigung, dass Sie das Fahrzeug noch mindestens sechs Monate weiternutzen werden.
Was passiert, wenn die tatsächlich anfallenden Reparaturkosten dann doch höher sind als im Schadengutachten ausgewiesen, sodass die 130%-Grenze im Nachhinein nicht mehr greift?
Das Prognoserisiko, d.h. das Risiko, dass die im Schadengutachten zunächst ausgewiesenen Reparaturkosten letzten Endes doch höher sind, trägt der Unfallschädiger und damit auch dessen Kfz-Haftpflichtversicherung. Die höheren Kosten müssen dann dennoch übernommen werden.
Was passiert, wenn die im Gutachten ausgewiesenen Reparaturkosten zunächst so hoch sind, dass die 130%-Grenze überschritten ist, sich dann im Nachhinein bei einer dennoch vorgenommenen, sach- und fachgerechten Reparatur herausstellt, dass die Reparaturkosten niedriger sind, sodass im Nachhinein die 130%-Regelung Anwendung findet?
Auch dann besteht die Möglichkeit, im Nachhinein auf Zahlung der Reparaturkosten unter Verweis auf die 130%-Regelung zu bestehen. Sie müssen der gegnerischen Versicherung dann eben nachweisen, dass die durchgeführte Reparatur vollständig, d.h. sach- und fachgerecht gem. Gutachten, mit weniger Kosten durchgeführt werden konnte als im Gutachten zunächst ausgewiesen/angenommen.
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Ist eine sog. fiktive Abrechnung der Reparaturkosten (Auszahlung) bei einem wirtschaftlichen Totalschaden möglich?
In der Regel wird Ihnen bei einem wirtschaftlichen Totalschaden der sog. Wiederbeschaffungsaufwand (Wiederbeschaffungswert für ein vergleichbares Ersatzfahrzeug abzüglich des Restwertes für das beschädigte Fahrzeug) ausgezahlt.
Liegt die Summe aus Reparaturkosten (inkl. MwSt.) und unfallbedingter Wertminderung des totalbeschädigten Fahrzeuges bei maximal 130 Prozent des Wiederbeschaffungswertes (WBW) dürfen Sie Ihr Fahrzeug durchaus reparieren lassen und müssen sich nicht auf die Beschaffung eines gleichwertigen Ersatzfahrzeuges und die Zahlung des Wiederbeschaffungsaufwandes (WBA) verweisen lassen. Eine Auszahlung der Reparaturkosten netto ist insoweit allerdings nicht möglich. Sie müssen sich also entweder für eine tatsächliche Reparatur entscheiden (dann erhalten Sie die tatsächlich angefallenen Reparaturkosten brutto erstattet) oder aber für eine Abrechnung auf Grundlage des Wiederbeschaffungsaufwandes für ein gleichwertiges Ersatzfahrzeug.
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Was ist ein unechter Totalschaden und was ist hierbei zu beachten?
Im Gegensatz zu einem Reparaturschaden, bei dem eine sach- und fachgerechte Reparatur möglich und unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten auch geboten ist, liegt ein Totalschaden vor, wenn die Reparatur entweder unmöglich oder aber unwirtschaftlich (also zu teuer im Verhältnis zu einer Ersatzbeschaffung eines gleichwertigen Fahrzeuges) ist.
Von einem unechten Totalschaden kann gesprochen werden, wenn die Reparaturkosten zzgl. Ersatz für den entstandenen Minderwert an dem Fahrzeug unterhalb des sog. Wiederbeschaffungsaufwandes für ein gleichwertiges Fahrzeug (Wiederbeschaffungswert abzüglich Restwert) liegen, sodass eine Reparatur durchaus Sinn machen würde und wirtschaftlich wäre, dem Geschädigten allerdings eine Reparatur und der anschließende Minderwert des Fahrzeuges (trotz eines entsprechenden Ausgleichs für den Minderwert) nicht zumutbar ist, sodass eine Abrechnung des Schadens auf Totalschadenbasis in Betracht kommt.
Dies ist in der Regel bei der Beschädigung eines Neuwagens bzw. eines neuwertigen Wagens der Fall (weniger als 1.000 km Laufleistung oder Erstzulassung noch keine vier Wochen her). In diesem Fall kommt der Neuwagenpreis als Schadensersatz in Betracht und das beschädigte, reparaturfähige Fahrzeug kann anderweitig veräußert/verwertet werden.
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Welche Möglichkeiten gibt es für die Schadensfeststellung/-bezifferung?
Grundsätzlich wird zwischen folgenden Möglichkeiten zur Schadensfeststellung und -bezifferung unterschieden:
- Umfassendes Schadengutachten durch einen Kfz-Sachverständigen (Kosten: Meist zwischen 350,- € und 1.000,- € - je nach Schadensausmaß)
- Kostenvoranschlag bzw. einfache Reparaturkostenkalkulation (bspw. durch eine Werkstatt; Kosten: Meist zwischen 50,- € und 150,- € oder möglicherweise sogar kostenlos)
Dem Grunde nach stellen die Kosten für die Schadensfeststellung/-bezifferung eine klassische Schadensposition dar, die von der gegnerischen Versicherung getragen werden muss.
Für welche Möglichkeit sich der Unfallgeschädigte entscheiden sollte, hängt von mehreren Faktoren ab:
Bei sog. Bagatellschäden (Blechschäden, meist leichtere Kratzer und/oder Dellen mit einem Schadensausmaß bis max. 750,- € bis 1.000,- € - Rechtsprechung hierzu variiert) steht die Einholung eines kostenintensiven Schadengutachtens in der Regel nicht in Verhältnis zu den prognostizierten Reparaturkosten. Hier muss sich ein Unfallgeschädigter auf die kostengünstigere Möglichkeit eines Kostenvoranschlages bzw. einer Reparaturkostenkalkulation oder eines „kleinen“ Gutachtens verweisen lassen. Holt er dennoch ein umfangreiches und kostenintensives Schadengutachten ein, wird er auf den Kosten bzw. einem Großteil davon sitzen bleiben, weil die gegnerische Versicherung die Zahlung unter Verweis auf eine günstigere und verhältnismäßigere Möglichkeit zur Schadensbezifferung vollständig oder teilweise verweigert.
Bei Schäden, die keine Bagatellschäden sind, liegen die Vorteile eines Schadengutachtens durch einen Kfz-Sachverständigen auf der Hand:
Es erfolgt eine eingehende und genaue Begutachtung des beschädigten Fahrzeuges durch einen Kfz-Sachverständigen. Die Wahrscheinlichkeit, dass wirklich alle unfallbedingten Beschädigungen (möglicherweise auch versteckte, nicht auf Anhieb sichtbare Beschädigungen) erfasst werden, ist höher als bei der Einholung eines einfachen Kostenvoranschlages.
Hinzu kommt, dass das Schadengutachten über die bloße Reparaturkostenkalkulation hinaus bspw. Feststellungen dazu trifft, ob ein wirtschaftlicher Totalschaden vorliegt, sodass eine Reparatur möglichweise unvernünftig bzw. unverhältnismäßig wäre.
Auch trifft der Sachverständige weitere Feststellungen, die in einem Kostenvoranschlag nicht enthalten sind, aber für eine ordnungsgemäße Schadensabwicklung durchaus relevant sind (bspw. Wertminderung, Nutzungsausfallentschädigung, Wertverbesserung im Falle einer Reparatur, unreparierte/reparierte Alt- bzw. Vorschäden, Plausibilitätskontrolle usw.).
Da die Vorteile eines Sachverständigengutachtens klar auf der Hand liegen (zumal bei alleiniger Schuld des Unfallgegners die gegnerische Versicherung diese Kosten tragen muss), zeigt sich auch hier, dass es ratsam ist, nicht vorschnell zu handeln und den Unfallhergang sowie die Haftungslage zunächst mit einem Rechtsanwalt vorzubesprechen, um unnötige und möglicherweise teure Fehler von Anfang an zu vermeiden.
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Gibt es Vorgaben für die Wahl des Kfz-Sachverständigen?
Nein, nach einem unverschuldeten Unfall und selbst dann, wenn eine Teilschuld im Raum steht, steht es jedem Geschädigten frei, einen Sachverständigen seiner Wahl zu beauftragen, der die notwendige Beweissicherung und Schadensermittlung vornimmt.
Sie müssen auch keinen Sachverständigen akzeptieren, den die gegnerische Versicherung vorschlägt bzw. beauftragt. Selbst im Falle einer von Ihnen gar nicht gewünschten Begutachtung Ihres Fahrzeuges durch einen Sachverständigen, den die gegnerische Versicherung beauftragt hat, dürfen Sie dennoch einen eigenen Sachverständigen Ihrer Wahl für eine Begutachtung beauftragen.
Sie sind auch nicht verpflichtet, den nächstgelegenen Sachverständigen zu beauftragen (bspw. damit die Kosten für die Anfahrt des Sachverständigen so gering wie möglich bleiben). Zwar haben Sie als Unfallgeschädigter eine sog. Schadenminderungspflicht und sollten keinen Sachverständigen aus weiter Ferne beauftragen, der nicht unerhebliche Kosten für eine Anfahrt von mehreren hundert Kilometern berechnet. Allerdings darf die Schadensminderungspflicht nicht dazu führen, dass Ihr Wahlrecht in Hinblick auf den Sachverständigen gänzlich ausgehebelt wird. Hier entscheiden immer die Umstände des Einzelfalles und die örtlichen Gegebenheiten - die Rechtsprechung hierzu variiert. So können in städtischen Gegenden 20 km Entfernung in Ordnung sein, während in ländlichen Gegenden und damit bei einem nur eingeschränkten Angebot von Kfz-Sachverständigen je nach Gegebenheiten bis zu 40 km Entfernung des beauftragten Sachverständigen von der gegnerischen Versicherung akzeptiert und erstattet werden müssen.
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Kann ich mir die Reparaturkosten auch auszahlen lassen, das Geld frei verwenden und mein Fahrzeug einfach unrepariert lassen?
Sie entscheiden selbst, ob Sie Ihr Fahrzeug reparieren lassen oder nicht. Lassen Sie Ihr Fahrzeug nicht reparieren, bekommen Sie im Wege der sog. fiktiven Abrechnung die für eine sach- und fachgerechte Reparatur notwendigen Reparaturkosten netto (d.h. ohne MwSt.) von der gegnerischen Versicherung erstattet. Die MwSt. erstattet Ihnen die gegnerische Versicherung nur bei Vorlage einer ordnungsgemäßen Reparaturrechnung, die belegt, dass Sie tatsächlich MwSt. zahlen mussten.
Die ausgezahlten Reparaturkosten netto können Sie grundsätzlich frei verwenden. Sie können gänzlich auf eine Reparatur verzichten oder beispielsweise auch nur eine günstige Teil-/Notreparatur vornehmen (lassen) und den Rest des Geldes für andere Dinge verwenden.
Aber: Lassen Sie Ihr Fahrzeug trotz ausgezahlter Reparaturkosten vollständig oder teilweise unrepariert und kommt es später zu einem neuen Unfall im selben Bereich, können sich erhebliche Probleme bei der Abwicklung des Neuschadens ergeben, weil insoweit dann eine mögliche Überlagerung mehrerer Schadensereignisse vorliegt (Neu- und Altschaden). Eine Kfz-Haftpflichtversicherung kann in Bezug auf den geltend gemachten Neuschaden dann durchaus einwenden, dass der Neuschaden nicht bzw. nicht sauber von dem nicht reparierten Altschaden zu trennen sei, weshalb das genaue Schadensausmaß bei dem Neuschaden nicht sicher ermittelt werden könne. Im Zweifel bleiben Sie dann vollständig auf dem Neuschaden sitzen und die gegnerische Haftpflichtversicherung zahlt gar nichts. Anders gesagt: Das Risiko, mit einem nicht reparierten Schaden herumzufahren und später Alt- von Neuschaden nicht exakt voneinander trennen zu können, tragen Sie selbst.
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Bekomme ich die MwSt. aus einer Reparaturrechnung auch dann erstattet, wenn ich mir die Reparaturkosten netto auszahlen lasse, meinen Schaden dann aber nur teilweise reparieren lasse (Teilinstandsetzung)?
Eine Kombination zwischen sog. fiktiver Schadensabrechnung (Auszahlung der Reparaturkosten netto) und konkreter Schadensberechnung (sach- und fachgerechte Instandsetzung gem. Gutachten und Nachweis einer sach- und fachgerechten Reparatur durch Vorlage einer Reparaturrechnung) ist nicht zulässig und verstößt gegen das sog. Vermischungsverbot.
Anders gesagt: Der Geschädigte soll sich entscheiden, ob er seinen Schaden fiktiv abrechnet (Reparaturkosten netto; keine Erstattung von MwSt. – auch im Falle von Rechnungen für Ersatzteile oder eine Teilreparatur) oder seinen Schaden auf Grundlage einer sach- und fachgerechten, vollständigen Reparatur mit entsprechender Rechnung berechnet. In letzterem Fall steht dem Geschädigten dann auch ein Anspruch auf Erstattung der tatsächlich angefallenen Mehrwertsteuer zu.
Da sich der Geschädigte nach Auszahlung der Reparaturkosten netto noch für eine vollständige Reparatur mit anfallener MwSt. entscheiden kann, mithin von einer fiktiven Schadensberechnung zu einer konkreten Schadensberechnung wechseln kann (Anmerkung: Nur die „Vermischung“ ist unzulässig), entsteht dem Geschädigten durch das Vermischungsverbot auch kein Nachteil.
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Muss ich mir einen nicht reparierten Altschaden am Fahrzeug, der im Zuge der Reparatur mitbeseitigt wird/würde, anspruchsmindernd anrechnen lassen?
Grundsätzlich gilt:
Der entstandene Schaden ist zu ersetzen. Der Geschädigte ist so zu stellen, wie er stünde, wenn der Unfall nicht passiert wäre.
Allerdings kann es vorkommen, dass im Zuge der Schadensbeseitigung ein alter, nicht reparierter Schaden am Fahrzeug (Altschaden) zwangsläufig mitbehoben werden muss, wodurch sich der Fahrzeugwert erhöht. Dies stellt den Geschädigten dann möglicherweise besser, als er stünde, wenn der Unfall nicht passiert wäre. Denn wenn der Unfall nicht passiert wäre, gäbe es schließlich auch noch den alten, nicht reparierten Schaden am Fahrzeug.
Sofern die gegnerische Versicherung eine Schadensregulierung nicht bereits mit der Behauptung vollständig zurückweist, dass Neu- und Altschaden gar nicht auseinanderzuhalten wären, sodass die Versicherung gar nicht beurteilen könne, was bzw. welches Schadensausmaß sie nun zu ersetzen hat (Stichwort: Mögliche Überlagerung mehrerer Schadensereignisse), kommt tatsächlich ein Abzug wegen Wertverbesserung in Betracht. Schließlich stehen Sie nach einer Mitbehebung eines nicht reparierten Altschadens besser, als Sie ohne das zum Unfall führende Ereignis stünden. Der Sinn und Zweck des Schadensersatzrechts ist ausschließlich der Schadensausgleich und gerade nicht die persönliche Bereicherung.
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Wann erfolgt ein Vorteilsausgleich bzw. ein sog. Abzug „Neu für alt“ bzw. wegen Wertverbesserung?
Erlangen Sie im Zuge der Schadensregulierung über den reinen Schadensausgleich hinaus einen Vorteil, den Sie nicht hätten, wenn der Unfall nicht passiert wäre, müssen Sie sich diesen erlangten Vorteil anspruchsmindernd anrechnen lassen, d.h. Ihr Schadensersatzanspruch wird um den erlangten Vorteil gekürzt, damit Sie durch die Schadensregulierung nicht bereichert werden.
Sie sollen bei der Schadensregulierung gerade nicht bessergestellt werden, als Sie ohne den Unfall stünden. Nach dem geltenden Schadensersatzrecht soll schlicht der frühere Zustand wiederhergestellt werden, d.h. der Zustand, der bestünde, wenn der Unfall gar nicht passiert wäre (reiner Schadensausgleich) – in diesem Fall wäre aber auch keine Schadensregulierung notwendig geworden, wodurch die Sie einen zusätzlichen Vorteil erlangt hätten.
Beispiel:
Aufgrund des Unfalls müssen die Reifen Ihres Fahrzeuges erneuert werden. Allerdings waren Ihre Reifen bereits vor dem Unfall schon ziemlich abgefahren und erneuerungsbedürftig. Durch die unfallbedingte Erneuerung der Reifen erhalten Sie also einen Vorteil, den Sie ohne den Unfall gar nicht hätten. Diesen Vorteil müssen Sie sich wertmäßig abziehen lassen. Den Wert des in Abzug zu bringenden Vorteils stellt ein Kfz-Sachverständiger (Gutachter) im Zuge der Schadensermittlung fest.
Diesen Grundgedanken können Sie grundsätzlich auf sämtliche Verschleißteile und vorhandene Abnutzungen oder eine wertverbessernde Mitbehebung von unreparierten Altschäden übertragen.
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Ist mein Fahrzeug nach einem unverschuldeten Unfall weniger wert und falls ja, erhalte ich dafür eine Entschädigung?
Nicht selten ist ein Fahrzeug nach einem Unfall selbst im Falle einer sach- und fachgerecht durchgeführten Reparatur weniger wert als vor dem Unfall – einfach aus dem Grund, weil das Fahrzeug im Falle eines Verkaufs als Unfallfahrzeug angeboten werden muss oder aber der Unfall im Zuge der Verkaufsverhandlungen zumindest mitgeteilt werden muss, was sich negativ auf den Verkaufserlös auswirken kann.
Hier spricht man von dem sog. merkantilen Minderwert, welcher ebenfalls eine erstattungsfähige Schadensposition darstellt. Ein Kfz-Sachverständiger wird eine unfallbedingte und damit erstattungsfähige Wertminderung des Fahrzeuges feststellen und beziffern.
Nicht selten verweigern die gegnerischen Versicherungen zunächst die Erstattung eines geltend gemachten Minderwertes mit Verweis auf die Laufleistung und/oder das Alter des Fahrzeuges (oftmals: Älter als 5 Jahre bzw. Laufleistung höher als 100.000 km). Entscheidend sind allerdings vielmehr die tatsächlichen Marktverhältnisse. Für die Beurteilung eines unfallbedingten Minderwerts am Fahrzeug ist also nicht die Laufleistung oder das Alter an sich maßgeblich, sondern die Bewertung des Fahrzeugs auf dem Gebrauchtwagenmarkt unter Beachtung des Unfalls. Zu prüfen ist, ob für Fahrzeuge mit vergleichbarer Laufleistung und/oder vergleichbarem Alter ein Unfall auf dem Gebrauchtwagenmarkt zu einer Wertminderung führt – ist dies der Fall, so ist dieser Minderwert zu erstatten bzw. auszugleichen, völlig unabhängig von Laufleistung und/oder Alter des Fahrzeuges.
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Muss ich mein Fahrzeug reparieren lassen oder kann ich die ausgezahlten Reparaturkosten auch anderweitig verwenden? Erhalte ich in letzterem Fall auch die MwSt. oder nur die Netto-Reparaturkosten?
Sie können sich zwischen einer fiktiven und konkreten Schadensberechnung entscheiden:
Bei der fiktiven Schadensabrechnung rechnen Sie den Schaden auf Grundlage des Sachverständigengutachtens/ Kostenvoranschlages und den darin ausgewiesenen Schadenspositionen ab. Sie erhalten hier die ausgewiesenen Reparaturkosten zunächst ohne Mehrwertsteuer (netto), denn die Mehrwertsteuer bekommen Sie nur erstattet, wenn Sie Ihr Fahrzeug auch sach- und fachgerecht reparieren lassen und eine Rechnung vorlegen können, die belegt, dass Sie Mehrwertsteuer auf die angefallenen Reparaturkosten zahlen mussten. Grundsätzlich können Sie selbst entscheiden, ob Sie das ausgezahlte Geld für eine Reparatur oder für andere Dinge verwenden.
Sollten Sie sich dann für eine sach- und fachgerechte Reparatur entscheiden, können Sie die Reparaturrechnung nachträglich bei der Versicherung einreichen und erhalten dann auch die gezahlte Mehrwertsteuer erstattet (Reparaturkosten brutto). Hierbei handelt es sich dann um eine konkrete Schadensabrechnung auf Grundlage tatsächlich angefallener Reparaturkosten.
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Totalschaden bei einem finanzierten Fahrzeug – Welche Besonderheiten sind zu beachten?
Die zivilrechtliche Schadensabwicklung nach einem Verkehrsunfall gestaltet sich meist etwas aufwendiger (wenn auch bei richtiger und geordneter Herangehensweise nicht gleich komplizierter), wenn der Unfallgeschädigte aufgrund des Verkehrsunfalles einen Totalschaden an seinem Fahrzeug erlitten hat, für welches jedoch noch eine Fahrzeugfinanzierung läuft.
Aufgrund der noch laufenden Fahrzeugfinanzierung gibt es also neben dem Unfallgeschädigten, dem Unfallschädiger und dessen Kfz-Haftpflichtversicherung einen weiteren Beteiligten – die finanzierende Bank (Darlehensgeberin).
Um sich während der Finanzierungslaufzeit in Bezug auf das gewährte Darlehen und etwaige Zahlungsausfälle seitens des Autokäufers abzusichern, lässt sich die finanzierende Bank bis zur Beendigung des Darlehensverhältnisses durch vollständige Rückzahlung der Darlehenssumme das Eigentum an dem finanzierten Fahrzeug übertragen (sog. Sicherungseigentum) und hinterlegt insoweit auch den Fahrzeugbrief (Zulassungsbescheinigung Teil II). Halter und unmittelbarer Besitzer des Fahrzeuges ist allerdings der Fahrzeugkäufer und Darlehensnehmer.
Daher ist die finanzierende Bank als Sicherungseigentümerin des Fahrzeuges auch im Falle einer unfallbedingten Beschädigung des finanzierten Fahrzeuges schadensersatzberechtigt gegenüber dem Unfallschädiger und dessen Kfz-Haftpflichtversicherung. Dem Unfallgeschädigten, der vorerst lediglich Besitzer und Halter des beschädigten Fahrzeuges ist, stehen in Bezug auf den unfallbedingten Schaden am Fahrzeug zunächst einmal gar keine eigenen Schadensersatzansprüche zu, denn es wurde – so gesehen – das Eigentum der finanzierenden Bank beschädigt.
Für die verkehrsrechtliche Schadensabwicklung ergeben sich vor diesem Hintergrund diverse Besonderheiten:
Selbstverständlich hat der Unfallgeschädigte nach dem Verkehrsunfall ein Recht darauf, auf Kosten des Unfallgegners und dessen Kfz-Haftpflichtversicherung einen Rechtsanwalt für die ordnungsgemäße Schadensregulierung zu beauftragen, nicht zuletzt deshalb, weil ihm selbst eigene Schadensersatzansprüche gegen den Unfallschädiger bzw. dessen Kfz-Haftpflichtversicherung zustehen (bspw. Schmerzensgeld, Auslagenpauschale, Schadensersatz wegen der Beschädigung von Fahrzeugzubehör oder sonstigen Sachen, die sich zum Zeitpunkt des Unfalls am bzw. im beschädigten Fahrzeug befanden und im Eigentum des Unfallgeschädigten selbst stehen).
Die Beauftragung eines Rechtsanwalts zum Zwecke einer einheitlichen Schadensregulierung durch den Unfallgeschädigten und Darlehensnehmer selbst ist zweckmäßig und nicht zu beanstanden. Die finanzierende Bank als Sicherungseigentümerin nimmt in aller Regel nicht für sich in Anspruch, sich selbst um die Schadensregulierung in Bezug auf den Sachschaden am finanzierten Fahrzeug zu kümmern. Ihr geht es letztlich nur darum, dass ausreichend Sicherheit in Bezug auf die laufende Finanzierung und den noch offenen Darlehensbetrag besteht und das Finanzierungskonto letzten Endes vollständig ausgeglichen ist.
Der Verkehrsunfall und die Beschädigung des finanzierten und im Sicherungseigentum der Bank stehenden Fahrzeuges sollte umgehend der Bank gemeldet werden. Anschließend wird die Bank darauf hinweisen, dass ihr als Sicherungseigentümerin die Schadensersatzersatzansprüche in Bezug auf den Schaden am finanzierten Fahrzeug zustehen und Schadensersatzzahlungen des Unfallgegners bzw. dessen Kfz-Haftpflichtversicherung zunächst auf das Finanzierungskonto erfolgen sollen.
Aufgrund des (wirtschaftlichen) Totalschadens und des damit verbundenen Erfordernisses eines Ersatzbeschaffung (anstelle einer kostenintensiveren Reparatur) erklärt die finanzierende Bank in aller Regel auch zeitgleich ihr Einverständnis, dass das totalbeschädigte Fahrzeug durch den Unfallgeschädigten zum Restwert veräußert wird und bittet um entsprechende Einreichung des Kaufvertrages, den der Unfallgeschädigte mit einem Restwertkäufer über das beschädigte Fahrzeug geschlossen hat, sowie um Einzahlung des Kaufpreises in Höhe des Restwertes auf das Finanzierungskonto durch den Restwertaufkäufer. Da die Zulassungsbescheinigung Teil II (Fahrzeugbrief) bei der finanzierenden Bank als Sicherungseigentümerin hinterlegt ist, bestätigt die finanzierende Bank dem Restwertaufkäufer in der Regel, dass umgehend nach Einzahlung des Kaufpreises in Höhe des Restwertes auf das Finanzierungskonto durch den Restwertaufkäufer die Zulassungsbescheinigung Teil II (Fahrzeugbrief) an diesen als neuen Eigentümer des beschädigten Fahrzeuges übermittelt wird.
Je nach dem, welcher Finanzierungsbetrag zum Zeitpunkt des Verkehrsunfalls noch offen war und in welcher Höhe anschließend Zahlungen auf das Finanzierungskonto geleistet wurden (bspw. Schadensersatzzahlungen durch die gegnerische Kfz-Haftpflichtversicherung und/oder Einzahlung des Kaufpreises in Höhe des Restwertes durch den Restwertaufkäufer) ergibt sich möglicherweise ein Guthaben auf dem Finanzierungskonto zugunsten des Unfallgeschädigten, welches mit Beendigung des Darlehensverhältnisses aufgrund des Ausgleichs des Finanzierungskontos an den Unfallgeschädigten ausgezahlt wird. Erfolgen Schadensersatzzahlungen der gegnerischen Kfz-Haftpflichtversicherung an den Unfallgeschädigten selbst und reicht der durch den Restwertaufkäufer an die finanzierende Bank gezahlte Kaufpreis in Höhe des Restwertes des beschädigten Fahrzeuges nicht aus, um das Finanzierungskonto vollständig auszugleichen, muss der Unfallgeschädigte das Finanzierungskonto durch eine entsprechende Zahlung abschließend ausgleichen.
Endet das Darlehensverhältnis aufgrund des vollständigen Ausgleiches des Finanzierungskontos vorzeitig, stellt sich nicht selten noch die Frage nach der sog. Vorfälligkeitsentschädigung, welche die finanzierende Bank unter Verweis auf ihre Finanzierungsbedingungen möglicherweise für sich beansprucht. Schließlich läuft die Fahrzeugfinanzierung außerplanmäßig nicht mehr weiter und der Bank entgehen dadurch Zinseinnahmen. In diesem Fall muss daran gedacht werden, diese Position als weiteren Schaden bei der Kfz-Haftpflichtversicherung des Unfallgegners anzumelden und durchzusetzen.
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Erstattungsfähigkeit von Standkosten nach einem Verkehrsunfall - Was ist zu beachten?
Ist ein beschädigtes Fahrzeug nach dem Verkehrsunfall nicht mehr fahrfähig bzw. nicht mehr verkehrssicher, wird es regelmäßig abgeschleppt und zunächst auf dem Betriebsgelände des Abschleppunternehmers oder der Werkstatt, welche (gegebenenfalls) auch die Reparatur durchführen soll, abgestellt und verwahrt. Hierfür fallen in aller Regel kalendertäglich Standkosten an, d.h. so lange, wie das beschädigte Fahrzeug dort steht, kostet das den Unfallgeschädigten Geld.
Diese Standkosten stellen dem Grunde nach eine erstattungsfähige Schadensposition dar und müssen von der gegnerischen Kfz-Haftpflichtversicherung ersetzt werden. Schließlich soll der Geschädigte nach dem geltenden Schadensersatzrecht so gestellt werden, wie er stünde, wenn das zum Schadensersatz verpflichtende Ereignis (Verkehrsunfall) nicht eingetreten wäre.
Immerhin erfolgt die vorübergehende Verwahrung aus nachvollziehbaren Gründen. Denn das nicht mehr fahrfähige Fahrzeug darf nicht einfach auf öffentlichen Flächen abgestellt werden, während bspw. zunächst ein Kfz-Sachverständiger zwecks Schadensbegutachtung gefunden und beauftragt werden muss, im Falle eines festgestellten (wirtschaftlichen) Totalschadens sodann mit einem Restwertkäufer in Kontakt getreten und die Verkaufsabwicklung eingeleitet oder aber auf die Durchführung der Reparatur gewartet werden muss (ggfs. verbunden mit entsprechenden Lieferzeiten für Ersatzteile).
Wichtig ist jedoch für eine Kostenerstattung, dass dem Unfallgeschädigten diese Standkosten auch tatsächlich, d.h. nachweislich entstanden sind (Rechnung als Nachweis). Schließlich dient das Schadensersatzrecht dem Schadensausgleich, nicht der persönlichen Bereicherung des Geschädigten.
Die Standkosten müssen in Hinblick auf die Standdauer sowie der Höhe nach angemessen sein. Schließlich trifft den Unfallgeschädigten von Gesetzes wegen eine sog. Schadensminderungspflicht, d.h. der Unfallgeschädigte darf den Unfallschaden (wozu auch etwaige Standkosten gehören) nicht durch sein eigenes Verhalten unnötig in die Höhe treiben.
In Hinblick auf die Standdauer ist von dem allgemeinen Grundsatz auszugehen, dass nur solche Positionen des Unfallgeschädigten erstattungsfähig sind, die für die Herstellung des früheren Zustandes auch erforderlich sind, d.h. solche, die ein wirtschaftlich denkender Mensch für zweckmäßig und notwendig halten darf.
Grundsätzlich darf ein wirtschaftlich denkender Unfallgeschädigter solche Standkosten für notwendig und zweckmäßig halten, die dadurch entstehen, dass der Unfallschaden zunächst begutachtet und das Fahrzeug anschließend zum Restwert veräußert (bei Totalschaden) oder repariert werden muss. Allerdings muss der Geschädigte – entsprechend der auf ihn entfallenden Schadensminderungspflicht – nach dem Unfall auch zeitnah und ohne schuldhaftes Zögern tätig werden, wobei ihm gewisse Überlegungszeiten zugestanden werden müssen (bspw., ob das reparaturfähige Fahrzeug bei einem wirtschaftlichen Totalschaden tatsächlich veräußert oder repariert werden soll).
Für welche konkrete Standdauer die gegnerische Versicherung die Standkosten übernimmt bzw. übernehmen muss, d.h. wie lange das beschädigte Fahrzeug auf Kosten der gegnerischen Versicherung bei einem kostenpflichtigen Verwahrer stehen darf, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab (bspw. von der Dauer für die Erstellung eines Schadengutachtens und einer angemessenen Überlegungszeit in Hinblick auf eine Reparatur oder Ersatzbeschaffung usw.). Die Rechtsprechung hierzu ist uneinheitlich und variiert zwischen einem Zeitraum von 14 Tagen bis über einen Monat. Im Zweifel muss der Unfallgeschädigte darlegen und beweisen, dass die (möglicherweise längere) Standdauer tatsächlich notwendig war und nicht auf sein eigenes Verhalten zurückzuführen ist, bspw. aufgrund folgender Umstände:
- Lieferschwierigkeiten bei Ersatzteilen (Lieferengpässe)
- Untätigkeit bzw. Weigerungshaltung der gegnerischen Kfz-Haftpflichtversicherung (mutwillige Verzögerungen bei der Schadensregulierung)
- Auftragslage und Auslastung der örtlichen Gutachter/Kfz-Sachverständigen
- Geschäftszeiten, Feiertage, Urlaubszeiten und Postlaufzeiten
- Überlegungszeit nach Erstellung des Schadengutachtens (insb. in Bezug auf fiktive Abrechnung, Reparatur oder Veräußerung zum Restwert)
- Erfordernis einer längeren Standzeit zwecks Nachbegutachtung/weiterer Beweissicherung
Ab dem Zeitpunkt, zu dem Reparaturauftrag erteilt wird, ist in aller Regel kein weiteres Standgeld mehr zu zahlen, weil die Reparaturkosten diese Kosten regelmäßig bereits enthalten.
Den Zeitraum, für den unter Beachtung aller Umstände Standkosten zu erstatten sind, kann ein Gericht nach geltendem Zivilprozessrecht schätzen (sog. Schadensschätzung).
In der Regel beträgt das erstattungsfähige Standgeld – unter Beachtung der derzeitigen Teuerungsraten und Preisentwicklungen – zwischen 5,- und 12,50 € kalendertäglich. Teurere Standkosten muss eine Kfz-Haftpflichtversicherung unter Verweis auf die Schadensminderungspflicht des Unfallgeschädigten nicht übernehmen. Insoweit bleibt der gegnerischen Kfz-Haftpflichtversicherung vorbehalten, günstigere Tagessätze und damit eine günstigere Unterstell-/Abstellmöglichkeit, als von dem Unfallgeschädigten in Anspruch genommen und geltend gemacht, einzuwenden.
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Nutzungsausfallentschädigung ohne Ersatzbeschaffung bzw. Reparatur des beschädigten Fahrzeuges?
Alternativ zu einem kostenpflichtigen Mietwagen kann der Unfallgeschädigte nach einem Verkehrsunfall auch eine sog. Nutzungsausfallentschädigung von der gegnerischen Versicherung fordern, d.h. eine Entschädigung dafür, dass er unfallbedingt für eine bestimmte Zeit ohne Fahrzeug war, obwohl er in dieser Zeit ein Fahrzeug hätte nutzen können und insoweit auch Nutzungswillen besaß.
Die Höhe der kalendertäglich zu zahlenden Nutzungsausfallentschädigung bemisst sich danach, in welche Fahrzeugklasse das beschädigte Fahrzeug einzuordnen ist (je höherwertiger und größer das Fahrzeug, desto höher der Tagessatz). Dies stellt der Kfz-Sachverständige im Zuge der Schadensermittlung in seinem Schadengutachten fest, genauso wie die voraussichtliche Wiederbeschaffungsdauer (für den Erwerb eines gleichwertigen Ersatzfahrzeuges bei einem Totalschaden) und den voraussichtlichen Reparaturzeitraum. In der Regel bezieht sich die Nutzungsausfallentschädigung auf folgende Zeiträume:
- Zeit von der Beauftragung eines Kfz-Sachverständigen über die Erstellung des Schadengutachtens bis zur Übermittlung des Gutachtens an den Geschädigten bzw. dessen Rechtsanwalt
- Ggfs. anschließende Überlegungsfrist für den Geschädigten (Frage: Beschaffung eines Ersatzfahrzeuges oder Reparatur des beschädigten Fahrzeuges?)
- Dauer für eine Ersatzbeschaffung (Wiederbeschaffungsdauer) bzw. Reparaturzeitraum
Voraussetzung für die Zahlung einer angemessenen Nutzungsausfallentschädigung ist ein Nutzungswille des Geschädigten und eine Nutzungsmöglichkeit während des Zeitraumes, für den Nutzungsausfallentschädigung geltend gemacht wird.
In der Regel hat der Geschädigte eine entsprechende Nutzungsmöglichkeit und ist in der Lage, ein Fahrzeug zu benutzen, wenn er nicht gerade aufgrund unfallbedingter Verletzungen oder sonstiger Gründe außer Stande ist, ein Fahrzeug zu führen.
Jedoch kann das Vorliegen eines Nutzungswillen fraglich sein, wenn sich der Geschädigte zunächst gar kein Ersatzfahrzeug beschafft oder alternativ dazu auch keine (technisch mögliche) Reparatur des beschädigten Fahrzeuges durchgeführt wird:
In diesem Fall unterstellen Kfz-Haftpflichtversicherungen oftmals, dass es an einem Nutzungswillen des Geschädigten fehlen würde. Anders gesagt: Wenn sich der Geschädigte kein Ersatzfahrzeug beschafft oder das beschädigte Fahrzeug nicht repariert wird, spreche dies dafür, dass der Geschädigte gar kein Fahrzeug (mehr) benötigt und demnach auch keinen Nutzungswillen habe, sodass ihm in Bezug auf die fehlende Verfügbarkeit eines Fahrzeugs nach dem Verkehrsunfall gar keine spürbare Beeinträchtigung und damit kein erstattungsfähiger (Vermögens-)Schaden entstanden sei. Versicherer verlangen oftmals zunächst einen Kaufvertrag über den Erwerb eines Ersatzfahrzeuges oder eine Reparaturrechnung als Nachweis für einen Nutzungswillen des Geschädigten. Andernfalls wird die Zahlung einer angemessen Nutzungsausfallentschädigung verweigert.
Allerdings wird nach geltendem Recht für einen Anspruch auf Zahlung einer Nutzungsausfallentschädigung erst einmal nur ganz allgemein ein Nutzungswille und eine Nutzungsmöglichkeit des Geschädigten vorausgesetzt – mehr nicht. Daher haben der Bundesgerichtshof sowie vielzählige Oberlandes-, Land- und Amtsgerichte in der Vergangenheit mehrfach einen Anspruch des Geschädigten auf Zahlung einer Nutzungsausfallentschädigung bestätigt, auch wenn er sich (zunächst) gar kein Ersatzfahrzeug beschafft bzw. sein beschädigtes Fahrzeug erst einmal gar nicht instand setzen lässt (und deshalb einen Kaufvertrag oder eine Reparaturrechnung nicht vorlegen kann):
Schließlich spreche die unterbliebene Ersatzbeschaffung oder Reparatur noch nicht gegen einen Nutzungswillen und eine Nutzungsmöglichkeit, zumal der Geschädigte zum Zeitpunkt des Unfalls nun einmal in Besitz eines Fahrzeuges war und dieses auch aktiv im Straßenverkehr geführt wurde, als es zum Unfall kam. Der hypothetische Nutzungswille des privaten Halters bzw. Eigentümers sei grundsätzlich zu vermuten und die Erfahrung spreche für den Nutzungswillen, wäre der Unfall nicht eingetreten. Hinzu kommt, dass unmittelbar nach dem Unfall die Nutzungsbeeinträchtigung, die durch die Zahlung einer Nutzungsausfallentschädigung ausgeglichen werden soll, spürbar eintrete und keinesfalls fiktiv ist. Auch sei die Verfügbarkeit des Fahrzeugs innerhalb und außerhalb des Erwerbslebens geeignet, Zeit und Kraft zu sparen und damit das Fortkommen im allgemeinsten Sinn zu fördern, sodass die Gebrauchsmöglichkeit eines Kraftfahrzeuges grundsätzlich ein vermögenswertes Gut darstelle und als geldwerter Vorteil anzusehen sei.
Tatsache ist auch, dass der für die Nutzungsausfallentschädigung erforderliche Nutzungswille des Geschädigten schlicht auch auf andere Weise als durch Nachweis einer Ersatzbeschaffung oder Reparatur belegt werden kann. Wenn beispielsweise ein Freund oder ein Bekannter der Familie dem Geschädigten nach dem Verkehrsunfall freundlicherweise ein Fahrzeug für notwendige Fahrten leiht (bspw., um zur Arbeit zu kommen oder die Kinder von der Schule abzuholen), bekräftigt dies durchaus bereits einen entsprechenden Nutzungswillen des Geschädigten. Schließlich hätte der Geschädigte sein eigenes Fahrzeug für solche Fahrten verwendet, wäre es nicht durch den Unfall beschädigt worden. Insoweit kann dem Geschädigten auch nicht entgegengehalten werden, dass eine spürbare Nutzungsbeeinträchtigung gar nicht eingetreten sei, weil er sich nach dem Unfall anderweitig beholfen und eine Unterstützung Dritter erhalten habe. Insoweit gilt der Grundsatz, dass Leistungen Dritter den Schädiger nicht entlasten dürfen. Anders gesagt: Der Geschädigte muss es sich nicht anrechnen lassen, wenn er glücklicherweise Freunde und Bekannte hat, die ihm für schlicht notwendige und alltägliche Fahrten (vorübergehend oder in Einzelfällen) erst einmal ein Ersatzfahrzeug zur Verfügung stellen können.
Dennoch gibt es etliche Gerichte, die offenbar den Behauptungen der Versicherer folgen und nicht ohne Weiteres eine Nutzungsausfallentschädigung bei unterbliebener Ersatzbeschaffung bzw. Reparatur zusprechen.
Je nach
- Fahrzeugklasse,
- Zeit für die Erstellung des Schadengutachtens (ggfs. mit anschließender Überlegungsfrist für den Geschädigten) und
- voraussichtlicher Wiederbeschaffungs- bzw. Reparaturdauer
beträgt die Nutzungsausfallentschädigung schnell mehrere hundert Euro oder kann sogar im vierstelligen Bereich liegen. Es handelt sich also um eine nicht unerhebliche Vermögensposition.
Es ist daher zu empfehlen, die Nutzungsausfallentschädigung auch dann zu verlangen, wenn eine Ersatzbeschaffung oder Reparatur (noch) nicht erfolgt, und bei einer Weigerungshaltung der gegnerischen Kfz-Haftpflichtversicherung hartnäckig - unter Verweis auf einschlägige Rechtsprechung und sonstige Beweismittel (bspw. Zeugen; Familienangehörige oder Dritte, die dem Geschädigten ein Fahrzeug für notwendige Fahrten leihen; Belege für öffentliche Verkehrsmittel usw.) - einen Nutzungswillen und eine Nutzungsmöglichkeit zu behaupten.
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Das sog. Quotenvorrecht in der verkehrsrechtlichen Schadensregulierung – Was ist das?
Im besten Fall erhält der Geschädigte nach einem Verkehrsunfall sämtliche Schadenspositionen (bspw. Reparaturkosten, Wertminderung, Sachverständigenkosten, Nutzungsausfallentschädigung oder Mietwagen, Auslagenpauschale) zu 100% von der Kfz-Haftpflichtversicherung des Unfallgegners ersetzt, weil die Haftungslage eindeutig und der Unfallgegner sowie dessen Versicherung zu 100% einstandspflichtig und leistungsbereit sind.
Kommt allerdings eine Teilschuld des Unfallgeschädigten in Betracht oder behauptet die Kfz-Haftpflichtversicherung des Unfallgegners zumindest eine Mitverursachung des Unfalls, werden die Schadenspositionen des Unfallgeschädigten lediglich auf Grundlage einer (behaupteten) Haftungsquote ausgeglichen.
Beispiel für eine Haftung nach Quote:
Die gegnerische Kfz-Haftpflichtversicherung behauptet eine Mitschuld des Geschädigten an dem Verkehrsunfall zu 50%. In diesem Fall erhält der Unfallgeschädigte lediglich 50%, d.h. die Hälfte von den geltend gemachten Schadenspositionen. Auf den anderen 50% bleibt er sitzen, was eine nicht unerhebliche Vermögenseinbuße für ihn darstellen kann (bspw. werden ihm von 10.000,- € Reparaturkosten dann nur 5.000,- € von der gegnerischen Versicherung erstattet).
Über diesen ärgerlichen Umstand kann die zusätzliche Inanspruchnahme der eigenen Vollkaskoversicherung und die Anwendung des sog. Quotenvorrechts hinweghelfen:
Über dieses beabsichtigte Vorgehen sollte die eigene Vollkaskoversicherung (nachfolgend "Kaskoversicherung") und die gegnerische Kfz-Haftpflichtversicherung so früh wie möglich, d.h. umgehend und gleich zu Beginn der zivilrechtlichen Schadensabwicklung in Kenntnis gesetzt werden.
Inanspruchnahme der eigenen Vollkaskoversicherung für den Schaden am Fahrzeug:
Zunächst einmal gilt, dass die eigene Kaskoversicherung – soweit eine solche abgeschlossen wurde und besteht – im Schadensfall regelmäßig nur den eigentlichen Schaden am Fahrzeug selbst ersetzt (vor allem Reparaturkosten bzw. bei Totalschaden den Wiederbeschaffungsaufwand). Zusätzliche Schadenspositionen wie Wertminderung, Sachverständigenkosten, Nutzungsausfallentschädigung/Mietwagenkosten und unfallbedingte Auslagenpauschale, die regelmäßig von der gegnerischen Kfz-Haftpflichtversicherung übernommen werden, gleicht die eigene Kaskoversicherung in aller Regel nicht aus.
Inanspruchnahme der gegnerischen Kfz-Haftpflichtversicherung um Übrigen:
Der Geschädigte kann folglich im Nachgang zum Verkehrsunfall seine eigene Kaskoversicherung in Anspruch nehmen, um seinen Schaden am Fahrzeug zu beseitigen (insb. durch eine sach- und fachgerechte Reparatur auf Kosten der eigenen Kaskoversicherung). Hierdurch wird zwar die gegnerische Kfz-Haftpflichtversicherung zunächst entlastet, weil diese im obigen Beispiel entsprechend der (behaupteten) Haftungsquote immerhin 50% dieser Kosten tragen müsste.
Allerdings kann der Geschädigte dann alle weiteren Positionen, die nicht von der eigenen Kaskoversicherung übernommen werden und die den unmittelbaren Fahrzeugschaden betreffen (sog. "Positionen, die das Blech berührt haben“), gegenüber der Kfz-Haftpflichtversicherung des Unfallgegners geltend machen, und zwar mit der Besonderheit, dass diese dann nicht nur anteilig entsprechend der (behaupteten) Haftungsquote (bspw. in Höhe von 50%) ausgeglichen werden, sondern in vollem Umfang, d.h. zu 100% ausgeglichen werden müssen. Hierunter fallen folgende Positionen („die das Blech berührt haben“):
- Selbstbeteiligung, die durch die Inanspruchnahme der eigenen Kaskoversicherung angefallen ist (bspw. bei Durchführung einer sach- und fachgerechten Reparatur)
- Unfallbedingte Wertminderung des Fahrzeuges
Kosten für die Einholung eines Schadengutachtens (Sachverständigenkosten) - Abschleppkosten
Hingegen muss die gegnerische Kfz-Haftpflichtversicherung folgende Schadenspositionen nur anteilig entsprechend der (behaupteten) Haftungsquote regulieren ("Positionen, die das Blech nicht berührt haben"):
- Nutzungsausfallentschädigung bzw. Kosten für die Inanspruchnahme eines Mietwagens
- Unfallbedingte Auslagenpauschale (Unkostenpauschale)
- Höherstufungs- bzw. Rückstufungsschaden in der eigenen Kaskoversicherung (Anmerkung: Durch die Inanspruchnahme der eigenen Kfz-Haftpflichtversicherung steigen künftig die Versicherungsbeiträge, weil man in der Schadensfreiheitsklasse höher- bzw. rückgestuft wird)
- Schmerzensgeld
Einschränkung beim Quotenvorrecht:
Bei dieser Regulierungsmethode (kombinierte Inanspruchnahme der eigenen Kaskoversicherung und der gegnerischen Kfz-Haftpflichtversicherung unter Anwendung des sog. Quotenvorrechts) ist allerdings zu beachten, dass die gegnerische Kfz-Haftpflichtversicherung dadurch, d.h. mit dem von ihr an den Unfallgeschädigten zu regulierenden Gesamtbetrag, nicht schlechter gestellt werden darf, als sie stünde, wenn sie den Schaden von vornherein entsprechend ihrer Haftungsquote (einschließlich der anteiligen Übernahme von Kosten zur Beseitigung des Fahrzeugschadens) reguliert hätte. Sie muss bei einer solch kombinierten Schadensabwicklung also maximal so viel zahlen, wie sie hätte zahlen müssen, wenn sie den Schaden von vornherein entsprechend ihrer Haftungsquote (einschließlich der anteiligen Übernahme von Kosten zur Beseitigung des Fahrzeugschadens) reguliert hätte.
Beispiel für die kombinierte Inanspruchnahme und das Quotenvorrecht:
Es kommt zum Verkehrsunfall, bei dem der Unfallgeschädigte folgende Schäden erleidet:
- Reparaturkosten: 5.000,- €
- Wertminderung: 750,- €
- Sachverständigenkosten: 800,-€
- Abschleppkosten: 500,- €
- Nutzungsausfallentschädigung: 500,- € (10 Tage zu kalendertäglich 50,- €)
- Auslagenpauschale: 25,- €
Gesamt: 7.575,- €
Die gegnerische Kfz-Haftpflichtversicherung behauptet nun (möglicherweise zu Recht) eine Teilschuld des Unfallgeschädigten an dem Unfall zu 50% und damit eine Haftungsquote zu 50%. Sie ist demnach bereit, die vorstehend genannten Schadenspositionen jeweils zu Hälfte, mithin in einer Gesamthöhe von 3.787,50 € (7.575,- € - davon 50%), auszugleichen.
Der Unfallgeschädigte bleibt damit also auf einem Schaden in Höhe von 3.787,50 € sitzen (was der auf ihn entfallenden Haftungsquote von 50% entspricht).
Hingegen gestaltet sich die kombinierte Inanspruchnahme der eigenen Kaskoversicherung und der gegnerischen Haftpflichtversicherung unter Anwendung des sog. Quotenvorrechts in diesem Beispiel dann wie folgt:
Der Unfallgeschädigte nimmt in Bezug auf die Reparaturkosten, d.h. in Hinblick auf die Beseitigung seines unmittelbaren Fahrzeugschadens zunächst seine eigene Kaskoversicherung in Anspruch, für die eine versicherungsvertragliche Selbstbeteiligung im Schadensfall von 500,- € besteht. Die eigene Kaskoversicherung zahlt demnach auf die angefallenen Reparaturkosten von 5.000,- € einen Betrag von 4.500,- €, während für den Geschädigten die Selbstbeteiligung von 500,- € fällig wird.
Von der gegnerischen Kfz-Haftpflichtversicherung fordert der Unfallgeschädigte nun anschließend eine 100%-ige Übernahme derjenigen Schadenspositionen, die nicht von der eigenen Kaskoversicherung übernommen werden und die den unmittelbaren Fahrzeugschaden betreffen ("Positionen, die das Blech berührt haben“), namentlich
- Wertminderung: 750,- €
- Sachverständigenkosten: 800,-€
- Abschleppkosten: 500,- €
- Selbstbeteiligung aufgrund Inanspruchnahme der eigenen Kaskoversicherung: 500,- €
Gesamt: 2.550,- €
Die übrigen Schadenspositionen, die nicht von der eigenen Kaskoversicherung übernommen werden und nicht zu 100% von der gegnerischen Kfz-Haftpflichtversicherung übernommen werden müssen, können zumindest entsprechend der Haftungsquote von 50% von der gegnerischen Versicherung gefordert werden, namentlich
- Nutzungsausfallentschädigung: 250,- € (50% von 500,- €)
- Auslagenpauschale: 12,50 € (50% von 25,- €)
- Höherstufungs- bzw. Rückstufungsschaden in der eigenen Kaskoversicherung (kann meist noch nicht beziffert werden, sodass die gegnerische Versicherung diesbezüglich ihre anteilige Einstandspflicht zu 50% zu erklären hat = Schuldanerkenntnis)
Im Ergebnis steht der Unfallgeschädigte durch diese kombinierte Schadensregulierung unter Anwendung des sog. Quotenvorrechts besser als bei einer reinen 50%-Schadensregulierung durch die gegnerische Kfz-Haftpflichtversicherung, bei der er auf einem Schaden von 3.787,50 € sitzen geblieben wäre. Durch die kombinierte Inanspruchnahme der eigenen Kaskoversicherung und der gegnerischen Kfz-Haftpflichtversicherung
- sind die Reparaturkosten immerhin in Höhe von 4.500,- € von der eigenen Kaskoversicherung übernommen worden,
- ist die Selbstbeteiligung in Höhe von 500,- € durch Inanspruchnahme der eigenen Kaskoversicherung von der gegnerischen Versicherung zu 100% ausgeglichen worden,
- sind die Wertminderung, Sachverständigenkosten und Abschleppkosten von der gegnerischen Versicherung zu 100% ausgeglichen worden,
- ist eine Nutzungsausfallentschädigung zumindest zu 50% gezahlt worden (was auch bei einer reinen Inanspruchnahme der gegnerischen Kfz-Haftpflichtversicherung der Fall gewesen wäre),
- ist die Auslagenpauschale zumindest zu 50% gezahlt worden (was auch bei einer reinen Inanspruchnahme der gegnerischen Kfz-Haftpflichtversicherung der Fall gewesen wäre),
- wird der Höher- bzw. Rückstufungsschaden in der eigenen Kaskoversicherung zumindest zu 50% von der gegnerischen Kfz-Haftpflichtversicherung ausgeglichen.
Der Schaden, auf dem der Unfallgeschädigte also sitzen bleibt, ist deutlich niedriger.
Vorliegend wird die gegnerische Kfz-Haftpflichtversicherung durch eine solch kombinierte Schadensabwicklung auch nicht schlechter gestellt, als wenn sie einfach alles nach Quote, mithin in Höhe von 50% (= 3.787,50 €) gezahlt hätte. Im Ergebnis zahlt die gegnerische Kfz-Haftpflichtversicherung lediglich 2.550,- € auf die Positionen, die sie zu 100% ausgleichen muss, sowie Nutzungsausfallentschädigung in Höhe von 250,- € (50% von 500,- €) und eine Auslagenpauschale von 12,50 € (50% von 25,- €). Hinzu kommt dann noch eine 50%-ige Beteiligung an dem Höher- bzw. Rückstufungsschaden in der eigenen Kaskoversicherung, was jedoch auch nicht dazu führt, dass der Regulierungsbetrag insgesamt einen Betrag von 3.787,50 € übersteigt.
Etwaige Kosten für die Inanspruchnahme eines Rechtsanwaltes zur Schadensabwicklung gehören übrigens auch zu denjenigen Positionen, die die gegnerische Kfz-Haftpflichtversicherung bei kombinierter Schadensabwicklung anteilig, d.h. nach der (behaupteten) Haftungsquote, ausgleichen muss (nicht zu 100%).
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Nutzungsausfallentschädigung nach einem Verkehrsunfall – Was steht dem Geschädigten zu?
Mietwagenkosten oder alternativ dazu die sog. Nutzungsausfallentschädigung stellen erstattungsfähige Schadenspositionen nach dem Unfall dar.
Allgemeines
Alternativ zu einem Mietwagen kann der Unfallgeschädigte eine sog. Nutzungsausfallentschädigung von der gegnerischen Kfz-Haftpflichtversicherung fordern, d.h. eine Entschädigung dafür, dass er das Fahrzeug für eine bestimmte Zeit (bspw., bis das Fahrzeug repariert ist) trotz entsprechendem Nutzungswillen und theoretischer Nutzungsmöglichkeit nicht nutzen kann.
Dauer
Die Länge der zu zahlenden Nutzungsausfallentschädigung richtet sich danach, wie lange das Fahrzeug unfallbedingt trotz entsprechendem Nutzungswillen des Unfallgeschädigten nicht genutzt werden konnte. In diesem Zusammenhang trifft den Unfallgeschädigten jedoch eine Schadensminderungspflicht, d.h. er darf den Zeitraum der Nichtnutzbarkeit des Fahrzeuges nicht schuldhaft in die Länge ziehen (bspw. durch Hinauszögerung der sach- und fachgerechten Reparatur bzw. der erforderlichen Ersatzbeschaffung bei einem wirtschaftlichen Totalschaden).
In der Regel ist mindestens einmal für folgende Zeiträume eine Nutzungsausfallentschädigung zu zahlen:
- Zeitraum von dem Unfall bis zum Vorliegen des Sachverständigengutachtens
- Ggfs. angemessene Überlegungszeit, ob eine Reparatur oder eine Ersatzbeschaffung erfolgt (insb. bei wirtschaftlichen Totalschäden; in der Regel drei Tage Überlegungszeit)
- Dauer der Reparatur (bei einem Reparaturschaden) bzw. Wiederbeschaffungsdauer für ein gleichwertiges Ersatzfahrzeug (bei einem (wirtschaftlichen) Totalschaden)
Reparatur- bzw. Wiederbeschaffungsdauer ermittelt ein Kfz-Sachverständiger im Rahmen seines Schadengutachtens.
Die Dauer der zu zahlenden Nutzungsausfallentschädigung kann sich aufgrund bestimmter Umstände verlängern, wenn sich die Wiederbeschaffung bzw. Reparatur ohne ein schuldhaftes Verhalten des Unfallgeschädigten aufwendiger gestaltet als von dem Kfz-Sachverständigen in seinem Schadengutachten prognostiziert. Dies ist beispielsweise und nicht abschließend in folgenden Fällen denkbar:
- Die Suche nach einem gleichwertigen Ersatzfahrzeug auf dem regionalen und überregionalen Gebrauchtwagenmarkt gestaltet sich schwieriger als angenommen.
- Es treten unerwartete Lieferschwierigkeiten in Hinblick auf Ersatzteile auf, die zwingend für eine sach- und fachgerechte Instandsetzung des Fahrzeuges benötigt werden.
- Im Zuge der sach- und fachgerechten Instandsetzung treten weitere unfallbedingte Schäden zu Tage, die zunächst nicht erkennbar war und zu einer Verlängerung der ursprünglich prognostizierten Reparaturdauer führen.
- Die sach- und fachgerechte Reparatur kann aufgrund Auslastung und Auftragslage der Werkstätten nicht sofort und ohne Wartezeit erfolgen.
Hierbei gilt, dass der Unfallgeschädigte als Anspruchsteller für solche Umstände darlegungs- und beweisbelastet ist. D.h. der Unfallgeschädigte muss im Zweifel Nachweise dafür erbringen, warum und weshalb ihm für einen längeren Zeitraum eine Nutzungsausfallentschädigung zustehen soll.
Höhe
Die Höhe der kalendertäglich zu zahlenden Nutzungsausfallentschädigung bemisst sich danach, in welche Fahrzeugklasse das beschädigte Fahrzeug einzuordnen ist. Dies stellt der Kfz-Sachverständige im Zuge der Schadensermittlung in seinem Schadengutachten unter Beachtung bzw. Hinzuziehung von Mietwagen- bzw. Nutzungsausfalltabellen fest, anhand dessen das beschädigte Fahrzeug mittels der fahrzeugspezifischen Daten (bspw. Modell, Motor, Alter und Ausstattung) in eine konkrete Nutzungsausfall- bzw. Mietwagenklasse eingestuft werden kann, für die sodann ein bestimmter Tagessatz (€) gilt.
Allgemein kann festgehalten werden, dass ein teureres und hochwertigeres Fahrzeug auch in eine höhere Mietwagen- bzw. Nutzungsausfallklasse einzustufen ist, sodass für ein solches Fahrzeug im Ergebnis auch eine höhere Nutzungsausfallentschädigung zu zahlen ist.
Ein Kfz-Sachverständiger stellt die Einstufung des Fahrzeuges und die kalendertäglich zu zahlende Nutzungsausfallentschädigung in seinem Schadengutachten beispielsweise wie folgt dar:
„Für den Fall, dass Nutzungsausfallkosten anfallen, ergibt sich unter Zugrundelegung der aktuellen Tabelle Sanden/Danner/Küppersbusch eine Einstufung des Fahrzeuges in die Nutzungsausfallklasse H. Dies entspricht einem Betrag von 65,00 EUR pro Tag. Eine eventuelle Abstufung auf Grund des Fahrzeugalters wurde bereits berücksichtigt. Laut aktueller Schwacke-Einstufung befindet sich das Fahrzeug in der Mietwagenklasse 8.“
Für die Berechnung der Nutzungsausfallentschädigung gilt schon seit Jahrzehnten die Nutzungsausfalltabelle von Sanden, Danner, Küppersbusch, die auch unter EurotaxSchwacke bekannt ist. Danach wird man beispielsweise einen kleinen Renault Twingo in die niedrigste Klasse A einstufen, für die kalendertäglich eine Nutzungsausfallentschädigung von lediglich etwas mehr als 20,- € zu zahlen ist (Stand 2023), während ein Porsche 911 in die höchste Klasse L einzuordnen ist, für die ein Tagessatz von mehr als 170 € vorgesehen ist (Stand 2023).
Ist das beschädigte Fahrzeug älter als fünf Jahre, erfolgt in der Regel eine Zurückstufung um eine Gruppe. Bei Fahrzeugen, die älter als zehn Jahre sind, kommt auch eine Rückstufung um zwei Klassen in Betracht. Nicht selten verweisen die gegnerischen Kfz-Haftpflichtversicherungen auf das Alter des beschädigten Fahrzeuges und stufen das Fahrzeug ein oder zwei Klassen niedriger ein als in dem Schadengutachten des Kfz-Sachverständigen ausgewiesen, um weniger Nutzungsausfallentschädigung zahlen zu müssen. Hier lohnt sich ein genauer Blick in das Schadengutachten des Kfz-Sachverständigen, der die Nutzungsausfallklasse ermittelt hat – in aller Regel wurde das Alter des beschädigten Fahrzeuges bereits bei der Einstufung durch den Kfz-Sachverständigen berücksichtigt (vgl. obiges Beispiel), sodass ein weiterer Abzug durch eine niedrigere Einstufung ungerechtfertigt ist.
Ist das beschädigte Fahrzeug bereits über zehn Jahre alt, kann ein Abzug bis auf die realen oder angemessenen Vorhaltekosten erfolgen. D.h. die Nutzungsausfallentschädigung beschränkt sich dann auf die Erstattung der anteiligen Kosten, die der Geschädigte als Halter während des Ausfallzeitraumes, in dem er das Fahrzeug nicht nutzen kann, für die Unterhaltung des beschädigten und nicht nutzbaren Fahrzeuges aufbringen muss (anteilige Betriebskosten, Versicherung, Kfz-Steuer usw., die für den Ausfallzeitraum anfallen).
Im Ergebnis wird die zu zahlende Nutzungsausfallentschädigung daher wie folgt berechnet:
Die Dauer des unfallbedingten Nutzungsausfalles (in Tagen) multipliziert mit dem anhand einer Nutzungsausfalltabelle ermittelten Tagessatz (in €) ergibt die Summe der zu erstattenden Nutzungsausfallentschädigung.
Darlegungs- und Beweislast
Der Unfallgeschädigte als Anspruchsteller ist darlegungs- und im Zweifel auch beweisbelastet dafür, dass die Voraussetzungen für die von ihm geltend gemachte Nutzungsausfallentschädigung vorliegen.
Voraussetzung für die Zahlung einer angemessenen Nutzungsausfallentschädigung ist ein Nutzungswille des Geschädigten und eine Nutzungsmöglichkeit während des Zeitraumes, für den Nutzungsausfallentschädigung geltend gemacht wird.
In der Regel hat der Geschädigte eine entsprechende Nutzungsmöglichkeit und ist in der Lage, ein Fahrzeug zu benutzen, wenn er nicht gerade aufgrund unfallbedingter Verletzungen oder sonstiger Gründe außer Stande ist, ein Fahrzeug zu führen.
Das Nutzungswille ist unproblematisch mit Vorlage eines Kaufvertrages für ein beschafftes Ersatzfahrzeug (bei einem (wirtschaftlichen) Totalschaden) oder einer Reparaturrechnung (bei einem Reparaturschaden) bzw. eine Bescheinigung des Kfz-Sachverständigen über eine sach- und fachgerecht vorgenommene (Eigen-)Reparatur dargelegt und bewiesen.
Jedoch kann das Vorliegen eines Nutzungswillen fraglich sein, wenn sich der Geschädigte zunächst gar kein Ersatzfahrzeug beschafft bzw. keine Reparatur des beschädigten Fahrzeuges durchgeführt wird:
In diesem Fall unterstellen Kfz-Haftpflichtversicherungen oftmals, dass es an einem Nutzungswillen des Geschädigten fehlen würde. Anders gesagt: Wenn sich der Geschädigte kein Ersatzfahrzeug beschafft bzw. das beschädigte Fahrzeug nicht repariert wird, spreche dies dafür, dass der Geschädigte gar kein Fahrzeug (mehr) benötige und demnach auch keinen Nutzungswillen habe, sodass ihm in Bezug auf die fehlende Verfügbarkeit eines Fahrzeugs nach dem Verkehrsunfall gar keine spürbare Beeinträchtigung und damit kein erstattungsfähiger (Vermögens-)Schaden entstanden sei. Versicherer verlangen oftmals zunächst einen Kaufvertrag über den Erwerb eines Ersatzfahrzeuges oder eine Reparaturrechnung als Nachweis für einen Nutzungswillen des Geschädigten. Andernfalls wird die Zahlung einer angemessen Nutzungsausfallentschädigung verweigert.
Allerdings wird nach geltendem Recht für einen Anspruch auf Zahlung einer Nutzungsausfallentschädigung erst einmal nur ganz allgemein ein Nutzungswille und eine Nutzungsmöglichkeit des Geschädigten vorausgesetzt – mehr nicht. Daher haben der Bundesgerichtshof sowie vielzählige Oberlandes-, Land- und Amtsgerichte in der Vergangenheit mehrfach einen Anspruch des Geschädigten auf Zahlung einer Nutzungsausfallentschädigung bestätigt, auch wenn er sich (zunächst) gar kein Ersatzfahrzeug beschafft bzw. sein beschädigtes Fahrzeug erst einmal gar nicht instand setzen lässt (und deshalb einen Kaufvertrag oder eine Reparaturrechnung nicht vorlegen kann):
Schließlich spreche die unterbliebene Ersatzbeschaffung oder Reparatur noch nicht gegen einen Nutzungswillen und eine Nutzungsmöglichkeit, zumal der Geschädigte zum Zeitpunkt des Unfalls nun einmal in Besitz eines Fahrzeuges war und dieses auch aktiv im Straßenverkehr geführt wurde, als es zum Unfall kam. Der hypothetische Nutzungswille des privaten Halters bzw. Eigentümers sei grundsätzlich zu vermuten und die Erfahrung spreche für den Nutzungswillen, wäre der Unfall nicht eingetreten. Hinzu kommt, dass unmittelbar nach dem Unfall die Nutzungsbeeinträchtigung, die durch die Zahlung einer Nutzungsausfallentschädigung ausgeglichen werden soll, spürbar eintrete und keinesfalls fiktiv ist. Auch sei die Verfügbarkeit des Fahrzeugs innerhalb und außerhalb des Erwerbslebens geeignet, Zeit und Kraft zu sparen und damit das Fortkommen im allgemeinsten Sinn zu fördern, sodass die Gebrauchsmöglichkeit eines Kraftfahrzeuges grundsätzlich ein vermögenswertes Gut darstelle und als geldwerter Vorteil anzusehen sei.
Tatsache ist auch, dass der für die Nutzungsausfallentschädigung erforderliche Nutzungswille des Geschädigten schlicht auch auf andere Weise als durch Nachweis einer Ersatzbeschaffung oder Reparatur belegt werden kann. Wenn beispielsweise ein Freund oder ein Bekannter der Familie dem Geschädigten nach dem Verkehrsunfall freundlicherweise ein Fahrzeug für notwendige Fahrten leiht (bspw., um zur Arbeit zu kommen oder die Kinder von der Schule abzuholen), bekräftigt dies durchaus bereits einen entsprechenden Nutzungswillen des Geschädigten. Schließlich hätte der Geschädigte sein eigenes Fahrzeug für solche Fahrten verwendet, wäre es nicht durch den Unfall beschädigt worden. Insoweit kann dem Geschädigten auch nicht entgegengehalten werden, dass eine spürbare Nutzungsbeeinträchtigung gar nicht eingetreten sei, weil er sich nach dem Unfall anderweitig beholfen und eine Unterstützung Dritter erhalten habe. Insoweit gilt der Grundsatz, dass Leistungen Dritter den Schädiger nicht entlasten dürfen. Anders gesagt: Der Geschädigte muss es sich nicht anrechnen lassen, wenn er glücklicherweise Freunde und Bekannte hat, die ihm für notwendige und alltägliche Fahrten (vorübergehend oder in Einzelfällen) erst einmal ein Ersatzfahrzeug zur Verfügung stellen können.
Dennoch gibt es etliche Gerichte, die offenbar den Behauptungen der Versicherer folgen und nicht ohne Weiteres eine Nutzungsausfallentschädigung bei unterbliebener Ersatzbeschaffung bzw. Reparatur zusprechen.
Je nach
- Fahrzeugklasse,
- Zeit für die Erstellung des Schadengutachtens (ggfs. mit anschließender Überlegungsfrist für den Geschädigten) und
- voraussichtlicher Wiederbeschaffungs- bzw. Reparaturdauer
beträgt die Nutzungsausfallentschädigung schnell mehrere hundert Euro oder kann sogar im vierstelligen Bereich liegen. Es handelt sich also um eine nicht unerhebliche Vermögensposition.
Es ist daher zu empfehlen, die Nutzungsausfallentschädigung auch dann zu verlangen, wenn eine Ersatzbeschaffung oder Reparatur (noch) nicht erfolgt, und bei einer Weigerungshaltung der gegnerischen Kfz-Haftpflichtversicherung hartnäckig - unter Verweis auf einschlägige Rechtsprechung und sonstige Beweismittel (bspw. Zeugen; Familienangehörige oder Dritte, die dem Geschädigten ein Fahrzeug für notwendige Fahrten leihen; Belege für öffentliche Verkehrsmittel usw.) - einen Nutzungswillen und eine Nutzungsmöglichkeit zu behaupten.
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Markengebundene oder freie Werkstatt? Verweis auf günstigere Werkstatt bei konkreter und fiktiver Abrechnung zulässig?
I. Konkrete und fiktive Abrechnung im Überblick
Im Falle eines reparaturwürdigen Fahrzeugschadens kann der Geschädigte zwischen der konkreten und fiktiven Schadensabrechnung wählen. Kurz gesagt bedeutet
a) die konkrete Abrechnung die Durchführung der Reparatur in einer Werkstatt auf Rechnung und Erstattung der angefallenen und abgerechneten Reparaturkosten inkl. Mehrwertsteuer durch die gegnerische Kfz-Haftpflichtversicherung,
b) die fiktive Abrechnung die Erstattung der Netto-Reparaturkosten (ohne MwSt.) durch die gegnerische Kfz-Haftpflichtversicherung auf Grundlage eines Haftpflichtschaden-Gutachtens oder Kostenvoranschlages, ohne dass es auf eine tatsächliche Reparatur des Fahrzeuges und tatsächlich angefallene Reparaturkosten ankommt.
II. Durchführung der Reparatur mit Reparaturrechnung (konkrete Abrechnung)
Entscheidet sich der Geschädigte nach dem Verkehrsunfall für eine konkrete Abrechnung und möchte sein beschädigtes Fahrzeug in einer Werkstatt reparieren lassen, stellt sich bereits die Frage, ob er für eine Reparatur eine Markenwerkstatt (also eine Werkstatt seiner Fahrzeugmarke) aufsuchen darf oder aber auf eine oftmals günstigere, freie Werkstatt (nicht markengebunden und für sämtliche Fahrzeugmarken und Modelle) zurückgreifen muss, welche die Reparatur genauso wie eine Markenwerkstatt, jedoch zu günstigeren Konditionen durchführen kann:
Bei Fahrzeugen
a) nicht älter als drei Jahre oder
b) älter als drei Jahre, aber bis zum Unfallzeitpunkt durchgängig in der Markenwerkstatt gepflegt (scheckheftgepflegt), gewartet und/oder ggfs. repariert,
besteht in jedem Fall ein Anspruch auf Reparaturdurchführung in einer markengebundenen Werkstatt. Verweise auf eine günstigere, freie Werkstatt sind klar unzulässig.
Zudem gilt unabhängig von Alter, Laufleistung, Zustand (bspw. scheckheftgepflegt/nicht scheckheftgepflegt) – zumindest bisher –, dass in jedem Fall ein Anspruch auf eine Reparaturdurchführung in einer markengebundenen Werkstatt besteht, soweit auf Grundlage des Schadengutachtens bzw. Kostenvoranschlages der Reparaturauftrag bereits erteilt wird, bevor die gegnerische Kfz-Versicherung – ggfs. unter Verweis auf Fahrzeugalter, Laufleistung, bisherige Wartung und Pflege usw. – auf eine möglicherweise günstigere, freie Werkstatt verweist. Ein Verweis auf eine günstigere, freie Werkstatt, der erst nach Erteilung des Reparaturauftrages erfolgt, ist unzulässig. Ob sich dies irgendwann einmal – aufgrund des vielfach, nicht zuletzt auch vom Bundesgerichtshof (BGH) behaupteten Gleichlaufs von konkreter und fiktiver Abrechnung (zur fiktiven Abrechnung sogleich) – ändern wird, bleibt abzuwarten.
Jedenfalls kann sich ein Anspruch auf Durchführung der Reparatur in einer Markenwerkstatt dann schwieriger gestalten, wenn der Reparaturauftrag in der Markenwerkstatt noch nicht erteilt ist, die gegnerische Kfz-Haftpflichtversicherung jedoch schnell gearbeitet und umgehend – bspw. unter Verweis auf Fahrzeugalter etc. – auf eine günstigere, freie Werkstatt verwiesen hat. Insoweit stellt sich durchaus die Frage, ob der Unfallgeschädigte in diesem Fall aufgrund seiner sog. Schadensminderungspflicht (er darf den Schaden nicht ohne Not größer werden und ausufern lassen) von der Erteilung eines Reparaturauftrages in der Markenwerkstatt absehen und von vornherein die günstigere, freie Werkstatt aufsuchen muss. So urteilte bspw. bereits das AG Coburg mit Urteil vom 09.09.2021, Az. 12 C 1956/21, wie folgt:
„Gem. § 249 Abs. 2 S. 1 BGB hat der Geschädigte Anspruch auf Ersatz der zur Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes erforderlichen Reparaturkosten. Erforderlich in diesem Sinne sind die Kosten, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Person des Geschädigten für erforderlich halten darf.
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes und der überwiegenden Rechtsmeinung sind das grundsätzlich die in einer markengebundenen Vertragswerkstatt anfallenden Reparaturkosten […]. Der Geschädigte ist dabei unter dem Gesichtspunkt der Schadensminderungspflicht gehalten, im Rahmen des Zumutbaren den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen, sofern er die Höhe der für die Schadensbeseitigung aufzuwendenden Kosten beeinflussen kann.
Vorliegend übersandte die Klägerin zunächst der Beklagten das Sachverständigengutachten des Sachverständigenbüros F…… . Die Beklagte hat dieses Gutachten durch die DEKRA prüfen lassen. Der entsprechende Prüfbericht ging der Klägerin unstreitig vor Erteilung des Reparaturauftrages zu. Ausweislich des DEKRA-Prüfberichtes wurde ein Referenzbetrieb angegeben. Insbesondere wurden dem Prüfbericht die dort maßgeblichen Endverbraucherpreise zu Grunde gelegt […].
Wenn nun die Klägerin sich dafür entscheidet, die Reparatur in einer anderen Werkstatt durchzuführen, die deutlich höhere Preise ansetzt, insbesondere auch Verbringungskosten berechnet, so liegt ein Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht vor. Die Durchführung der Reparatur in dieser Referenzwerkstatt war grundsätzlich auch zumutbar, da die Entfernung zur Klägerin 20,6 km beträgt. Ein schutzwürdiges Interesse der Klägerin, die Reparatur in der deutlich teureren Werkstatt durchführen zu lassen, ist daher nicht gegeben.
Grundsätzlich sind die Ausführungen der Klägerin insoweit zutreffend, dass der Geschädigte die freie Wahl des Reparaturbetriebes hat. Der Geschädigte ist aber auch gehalten, die Reparatur günstig durchführen zu lassen. In diesem konkreten Einzelfall war zu berücksichtigen, dass die Klägerin vor Beauftragung der Werkstatt von der Beklagten wirksam auf eine andere Reparaturwerkstatt verwiesen wurde und damit positive Kenntnis von den deutlich günstigeren Preisen der anderen Werkstatt gehabt hat. Von daher liegt ein Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht vor.“
Es ist also in jedem Fall Vorsicht geboten, wenn zumindest bei einem älteren, nicht durchgängig in einer Markenwerkstatt gepflegten und gewarteten Fahrzeug, bei welchem dem Grunde nach durchaus eine Verweisung auf eine günstigere, freie Werkstatt in Betracht käme, bereits vor Erteilung eines Reparaturauftrages eine Verweisung auf einen günstigeren Werkstattbetrieb durch die gegnerische Versicherung erfolgt ist und der Geschädigte dann dennoch, d.h. bei positiver Kenntnis von einer günstigeren Reparaturmöglichkeit in Erwägung zieht, sein Fahrzeug in einer markengebundenen Werkstatt reparieren zu lassen.
Tipp:
Bei Fahrzeugen, die älter als drei Jahre und nicht mehr scheckheftgepflegt sind bzw. nicht durchgängig in einer Markenwerkstatt gewartet und/oder ggfs. repariert wurden, sollte, sofern eine Reparatur in einer Markenwerkstatt beabsichtigt und gegenüber einer freien Werkstatt bevorzugt wird, der Reparaturauftrag für die Markenwertstatt schnellstmöglich und am besten direkt nach Übermittlung des Schadensgutachtens/Kostenvoranschlages und vor bzw. bereits im Zuge der ersten Kontaktaufnahme mit der gegnerischen Kfz-Haftpflichtversicherung erfolgen. Damit ist dann der Reparaturauftrag in der Markenwerkstatt in jedem Fall vor einer etwaigen Verweisung auf eine freie Werkstatt bereits erteilt, sodass ein Verweis auf eine freie Werkstatt unzulässig bzw. unbeachtlich ist und die gegnerische Versicherung in jedem Fall die möglicherweise teureren Reparaturkosten der Markenwerkstatt übernehmen.
Achtung:
Selbst wenn tatsächlich eine Verweisung auf eine günstigere, freie Werkstatt in Betracht käme, sollten die Angaben zu den Preisen der Verweisungswerkstatt dennoch eingehend auf den Prüfstand gestellt werden: Ein Verweis auf die günstigeren Stundenverrechnungssätze der Verweisungswerkstatt ist nur dann zulässig, wenn es sich um die allgemeinen, d.h. allen Werkstattkunden zugängliche und damit gegenüber sämtlichen Kunden der Verweisungswerkstatt abgerechnete Aushanglöhne handelt, es sich dabei also um ihre eigenen marktüblichen Konditionen und nicht nur um Sonderkonditionen (bspw. auf Grundlage einer gesonderten Vereinbarung zwischen Verweisungswerkstatt und der gegnerischen Kfz-Haftpflichtversicherung) handelt.
Auch sollte immer überprüft werden, ob die Verweisungswerkstatt in einer zumutbaren Entfernung zum Wohnsitz des Unfallgeschädigten liegt. Von einer mühelosen Erreichbarkeit der Verweisungswerkstatt kann man grundsätzlich bei einer Entfernung von bis zu 20 Kilometern (+-) vom Wohnsitz des Unfallgeschädigten ausgehen, wobei selbst in dem Fall, dass sich die Verweisungswerkstatt innerhalb eines Radius von circa 20 Kilometern befindet, der Verweis gegebenenfalls dennoch unzulässig sein kann, wenn sich die markengebundene Werkstatt deutlich näher zum Wohnort des Unfallgeschädigten befindet und/oder die Fahrzeit (mit öffentlichen Verkehrsmitteln) und/oder der Transportaufwand für den Geschädigten unzumutbar sind.
Weiter sollte immer auch die Vergleichbarkeit von Verweisungswerkstatt und Markenwerkstatt in qualitativer und technischer Hinsicht hinterfragt werden. Die gegnerische Kfz-Haftpflichtversicherung sollte nachvollziehbar und nicht nur pauschal die tatsächliche Möglichkeit darlegen können, dass die Verweisungswerkstatt in der Lage ist, die erforderliche Reparatur genauso, d.h. mit demselben Qualitätsstandard, durchzuführen wie eine markengebundene Werkstatt. Im Übrigen ist immer Vorsicht geboten, wenn der Verweis auf eine Alternativwerkstatt lediglich im Rahmen eines äußerst allgemein gehaltenen Prüfberichtes der gegnerischen Versicherung erfolgt und kein konkretes Reparaturangebot dieser Werkstatt vorgelegt wird, das hinsichtlich der technischen bzw. qualitativen Gleichwertigkeit der Reparatur einer eingehenden Überprüfung unterzogen werden kann.
III. Abrechnung auf Basis des Schadengutachtens/Kostenvoranschlages (fiktive Abrechnung)
Entscheidet sich der Unfallgeschädigte dazu, das Fahrzeug nicht reparieren zu lassen und lediglich die Netto-Reparaturkosten auf Grundlage eines Schadensgutachtens/Kostenvoranschlages einzufordern (Anmerkung: Die Brutto-Reparaturkosten, d.h. Reparaturkosten inkl. gesetzlicher MwSt., erhält der Unfallgeschädigte nur im Rahmen der konkreten Abrechnung auf Grundlage einer ordentlichen Reparaturrechnung), ist eine Kürzung der Reparaturkosten mit Verweis auf eine günstigere, freie Werkstatt dann unzulässig, wenn
a) das Fahrzeug nicht älter als drei Jahre ist, oder
b) das Fahrzeug zwar älter als drei Jahre ist, aber bis dato durchgängig in der Markenwerkstatt gepflegt (scheckheftgepflegt), gewartet und/oder ggfs. repariert wurde.
In diesen Fällen kann der Unfallgeschädigte also auch im Rahmen der fiktiven Abrechnung die Netto-Reparaturkosten beanspruchen, die bei einer Reparatur in einer Markenwerkstatt anfallen würden.
Bei Fahrzeugen, die älter als drei Jahre sind und nicht durchgängig in der Markenwerkstatt gepflegt, gewartet und ggfs. repariert wurden, darf die gegnerische Kfz-Haftpflichtversicherung durchaus einen Verweis auf eine günstigere, freie Werkstatt vornehmen und die Netto-Reparaturkosten entsprechend kürzen, soweit die geltend gemachten Reparaturkosten auf Grundlage einer angenommenen Reparatur in einer Markenwerkstatt berechnet wurden. Auch hier gilt allerdings wieder zu beachten (siehe oben), dass
a) es sich bei den Stundenverrechnungssätzen der Verweisungswerkstatt auch tatsächlich um Aushanglöhne/-preise, d.h. um allgemeingültige Konditionen handelt, und nicht nur um Sonderkonditionen (bspw. einzig aufgrund einer gesonderten Vereinbarung mit der gegnerischen Kfz-Haftpflichtversicherung),
b) der Verweis auf die günstigere, freie Werkstatt im Vergleich zu einer markengebundenen Werkstatt auch von Entfernung und ggfs. Fahrtzeit (mit öffentlichen Verkehrsmitteln) sowie Transportaufwand für den Unfallgeschädigten zumutbar ist,
c) die Verweisungswerkstatt auch eine technisch und qualitativ gleichwertige Reparatur im Vergleich zu einer Reparatur in einer markengebundenen Werkstatt durchführen kann, was nicht ohne Weiteres überprüfbar ist, wenn der Verweis auf die günstigere, freie Werkstatt lediglich im Rahmen eines allgemein gehaltenen Prüfberichtes und ohne Vorlage eines konkreten Reparaturangebotes der Verweisungswerkstatt erfolgt.
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Pflicht zur Vorfinanzierung der Reparatur/Ersatzbeschaffung? Wie konkret muss der Warnhinweis bei der Versicherung sein?
Nicht selten lassen sich die Kfz-Haftpflichtversicherer mit der Zahlung der Reparaturkosten (bei einem Reparaturschaden) oder des sog. Wiederbeschaffungsaufwandes (bei einem Totalschaden) Zeit und ziehen die Schadensregulierung nach einem Verkehrsunfall in die Länge.
Auf der anderen Seite ist der Geschädigte in aller Regel weiterhin auf ein Fahrzeug angewiesen. Es stellt sich dann insbesondere die Frage, ob er die Beseitigung Unfallschadens (Reparatur oder Ersatzbeschaffung) zunächst selbst – aus Eigenmitteln oder auf Kredit – vornehmen und vorfinanzieren muss, nicht zuletzt auch deshalb, um die Höhe der zu erstattenden Mietwagenkosten oder der sog. Nutzungsausfallentschädigung in Grenzen zu halten.
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat jedoch unmissverständlich klargestellt, dass es grundsätzlich Sache des Schädigers ist, die Schadensbeseitigung zu finanzieren. Der Geschädigte hat unter Zubilligung einer angemessenen Prüfzeit für die gegnerische Versicherung Anspruch auf sofortigen Ersatz und ist unter Umständen berechtigt, grundsätzlich aber nicht verpflichtet, den Schaden zunächst aus eigenen Mitteln zu beseitigen oder gar einen Kredit zur Schadensbehebung aufzunehmen. Dieser Rechtsgrundsatz würde laut BGH unterlaufen, sähe man den Geschädigten schadensrechtlich grundsätzlich als verpflichtet an, die Schadensbeseitigung zeitnah nach dem schädigenden Unfall vorzunehmen und damit ganz oder teilweise aus eigenen oder fremden Mitteln vorzufinanzieren.
Wir halten also fest, dass der Geschädigte weder mit Eigenmitteln noch mit Fremdkapital (Kredit) in Vorleistung gehen muss.
Etwas anders kann nur dann gelten, wenn dem Geschädigten im Einzelfall ausnahmsweise ein Zuwarten mit der Schadensbeseitigung als Verstoß gegen Treu und Glauben vorgeworfen werden kann, wofür allerdings der Schädiger bzw. dessen Kfz-Haftpflichtversicherung darlegungs- und beweisbelastet ist. In aller Regel wird man einen solchen Verstoß des Geschädigten nur dann annehmen können, wenn der Geschädigte so vermögend ist, dass es bei vernünftiger Betrachtung nicht ansatzweise nachvollziehbar wäre, wenn er die vorhandenen Mittel nicht zunächst zur Vorfinanzierung der Schadenbeseitigung einsetzt.
Der Geschädigte genügt grundsätzlich seiner sog. Schadenminderungspflicht, wenn er den Schädiger bzw. dessen Haftpflichtversicherung pauschal darauf hinweist (Warnhinweis), dass er die Reparatur bzw. Ersatzbeschaffung nicht selbst vorfinanzieren kann und auf auf die Schadensersatzleistung angewiesen ist. Details zu seinen Vermögens- und Einkommensverhältnissen (inkl. Bonität bei Banken und Kreditgebern) muss er – jedenfalls zunächst – nicht offenbaren.
Insbesondere, wenn sich die Schadensregulierung in die Länge gezogen hat (und ggfs. Mietkosten in gewisser Höhe entstanden sind oder Nutzungsausfallentschädigung für einen längeren Zeitraum geltend gemacht wird), behaupten Versicherer nicht selten, dass der Geschädigte eben näher bzw. detailliert dazu hätte vortragen müssen, dass er tatsächlich nicht in der Lage sei, die Schadensbeseitigung zunächst selbst vorzufinanzieren und er zwingend auf die Ersatzleistung der Versicherung angewiesen sei, um die notwendige Reparatur/Ersatzbeschaffung vornehmen zu können (nach dem Motto: Ohne Details und Belege sei der Warnhinweis nicht ernst zu nehmen).
Diese Behauptung der Versicherer findet jedoch keine Grundlage - weder im Gesetz noch in aktueller höchstrichterlicher Rechtsprechung - und wird regelmäßig durch die Gerichte verworfen. Der schlichte Hinweis des Geschädigten, er sei zur Vorfinanzierung der Reparatur/Wiederbeschaffung nicht in der Lage, sodass bis zum Geldeingang des Versicherers Nutzungsausfallentschädigung oder Mietwagenkosten anfallen werden, genügt nach gängiger Rechtsprechung den Anforderungen an den Warnhinweis. Es ist auch nicht notwendig, dass der Geschädigte in Verbindung mit dem Warnhinweis ausdrücklich einen Vorschuss bei der Versicherung anfordert.
Im Ergebnis darf der Geschädigte bei normalen finanziellen und wirtschaftlichen Verhältnissen mit der Reparatur bzw. Ersatzbeschaffung warten, bis er die Sicherheit hat, nicht selbst vorfinanzieren zu müssen. Bis diese Sicherheit eintritt und die Reparatur/Ersatzbeschaffung sodann erfolgt ist, hat der Geschädigte Anspruch auf einen Mietwagen, dessen Kosten die gegnerische Versicherung zu übernehmen hat, oder alternativ dazu einen Anspruch auf Zahlung einer Nutzungsausfallentschädigung.
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Was ist die sog. Differenzbesteuerung bzw. Differenzsteuer bei der Schadensregulierung im Falle eines Totalschadens?
Im Falle eines Totalschadens erhält der Unfallgeschädigte den sog. Wiederbeschaffungsaufwand ersetzt, d.h. die Differenz zwischen dem Restwert, der seinem totalbeschädigten Fahrzeug noch zukommt, und dem sog. Wiederbeschaffungswert, d.h. dem Wert für ein vergleichbares Ersatzfahrzeug. Schließlich kann der Geschädigte sein beschädigtes Fahrzeug noch zum Restwert verkaufen und den erhaltenen Kaufpreis ebenfalls für die Beschaffung eines gleichwertigen Ersatzfahrzeuges einsetzen.
Den Wiederbeschaffungswert als auch den Restwert ermittelt ein Kfz-Sachverständiger im Rahmen der Schadensfeststellung (Erstellung eines Schadengutachtens; Haftpflichtgutachten), sodass anschließend relativ einfach der Wiederbeschaffungsaufwand berechnet werden kann (Wiederbeschaffungswert abzüglich Restwert = Wiederbeschaffungsaufwand).
Oftmals weist der Kfz-Sachverständige den Wiederbeschaffungswert, also den Kaufpreis für ein vergleichbares Ersatzfahrzeug, als „differenzbesteuert“ aus, d.h. in dem angegebenen Wiederbeschaffungswert, den ein Geschädigter als Kaufpreis für ein gleichwertiges Ersatzfahrzeug zahlen muss, ist eine sog. Differenzsteuer enthalten.
Fahrzeuge, die bereits etwas älter sind, enthalten – wenn sie von einem Gebrauchtwagenhändler verkauft werden – im Kaufpreis meist nur eine sog. Differenzsteuer (differenzbesteuert) oder möglicherweise sogar gar keine Mehrwertsteuer (dann steuerneutraler Kaufpreis/Wiederbeschaffungswert).
Fahrzeuge mit einem Alter von drei und mehr Jahren werden meist aus dem Privatbesitz dem Gebrauchtwagenmarkt zugeführt. Fahrzeughändler kaufen das Fahrzeug also ohne Mehrwertsteuer von einer Privatperson auf. Bei dem Wiederverkauf durch den Fahrzeughändler wird dann nicht die volle Mehrwertsteuer (19%) auf den kompletten Verkaufspreis hinzugesetzt und an das Finanzamt abgeführt, sondern – wenn überhaupt – lediglich eine Mehrwertsteuer aus der erzielten Gewinnspanne zwischen Einkaufspreis und Verkaufspreis (= Differenzsteuer), die in der Regel nur zwischen 2,3% und 2,5% beträgt.
Mit der Differenzbesteuerung wird vermieden, dass ein gebrauchter Gegenstand nochmals komplett und in voller Höhe (19%) versteuert werden muss, was einen Händler gegenüber einem Privatverkäufer auch deutlich schlechter stellen würde (weil eine Privatperson gerade keine Umsatzsteuer dem Verkaufspreis hinzusetzen muss und daher einen attraktiveren Preis ansetzen kann).
Relevanz erhält die Thematik der sog. Differenzbesteuerung im Rahmen der Schadensregulierung durch unser Gesetz. § 249 Abs. 2 BGB legt nämlich fest:
„Ist wegen Verletzung einer Person oder wegen Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, so kann der Gläubiger statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen. Bei der Beschädigung einer Sache schließt der nach Satz 1 erforderliche Geldbetrag die Umsatzsteuer nur mit ein, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist.“
Im Falle eines Totalschadens und einem Wiederbeschaffungswert, der differenzbesteuert ist, bedeutet das also für die Berechnung des sog. Wiederbeschaffungsaufwandes, der von der gegnerischen Versicherung zwecks Schadensausgleich gezahlt werden muss, Folgendes:
1. Konstellation:
Der Geschädigte nimmt keine Ersatzbeschaffung vor, d.h. er kann keinen Kaufvertrag oder keine Rechnung über den Kauf eines Ersatzfahrzeuges vorlegen:
Der Wiederbeschaffungsaufwand wird berechnet anhand des Netto-Wiederbeschaffungswertes (also ohne die 2,3 – 2,5% Differenzsteuer) und des Restwertes. Beispiel:
Der Kfz-Sachverständige weist in seinem Schadengutachten einen Brutto-Wiederbeschaffungswert für ein vergleichbares Fahrzeug (differenzbeteuert mit 2,5%) in Höhe von 5.000,- € und einen Restwert für das totalbeschädigte Fahrzeug in Höhe von 1.000,- € aus. Der Unfallgeschädigte nimmt keine Ersatzbeschaffung vor. Der Wiederbeschaffungsaufwand, der von der gegnerischen Versicherung gezahlt werden muss, wird wie folgt berechnet:
Netto-Wiederbeschaffungswert: 4.878,05 € (also bereinigt um 2,5% Differenzsteuer)
Restwert: 1.000,- €
Zu erstattender Wiederbeschaffungsaufwand: 3.878,05 € (Netto-Wiederbeschaffungswert abzgl. Restwert)
Denn: Nach § 249 Abs. 2 BGB wird Umsatzsteuer (wozu auch die Differenzsteuer gehört) eben nur erstattet, wenn und soweit sie auch tatsächlich angefallen ist.
2. Konstellation:
Der Geschädigte nimmt eine nachweisliche Ersatzbeschaffung vor, d.h. er kann einen Kaufvertrag oder eine Rechnung über den Kauf eines Ersatzfahrzeuges (zum Kaufpreis mindestens in Höhe des ermittelten Wiederbeschaffungsaufwandes) vorlegen:
Der Wiederbeschaffungsaufwand wird berechnet anhand des Brutto-Wiederbeschaffungswertes (also mit der 2,3 – 2,5% Differenzsteuer, wie es der Kfz-Sachverständige ermittelt hat) und des Restwertes. Beispiel:
Der Kfz-Sachverständige weist in seinem Schadengutachten einen Brutto-Wiederbeschaffungswert für ein vergleichbares Fahrzeug (d.h. differenzbeteuert mit 2,5%) in Höhe von 5.000,- € und einen Restwert für das totalbeschädigte Fahrzeug in Höhe von 1.000,- € aus. Der Unfallgeschädigte nimmt eine Ersatzbeschaffung zu einem Kaufpreis mindestens in Höhe des ermittelten Wiederbeschaffungswertes vor, wobei völlig gleichgültig ist, ob in dem für das Ersatzfahrzeug gezahlten Kaufpreis von mindestens 5.000,- € nun eine Differenzsteuer, die volle Umsatzsteuer (19%) oder gar keine Steuer enthalten ist. Der Wiederbeschaffungsaufwand, der von der gegnerischen Versicherung gezahlt werden muss, wird wie folgt berechnet:
Brutto-Wiederbeschaffungswert: 5.000,- € (also inkl. der vom Sachverständigen ermittelten 2,5% Differenzsteuer)
Restwert: 1.000,- €
Zu erstattender Wiederbeschaffungsaufwand: 4.000,- € (Brutto-Wiederbeschaffungswert abzgl. Restwert)
Es ist also wichtig, in Folge einer tatsächlich vorgenommenen Ersatzbeschaffung bei der gegnerischen Kfz-Haftpflichtversicherung auch darauf zu bestehen, dass der sog. Wiederbeschaffungsaufwand anhand des Brutto-Wiederbeschaffungswertes berechnet wird (d.h. inkl. Differenzsteuer), damit nicht unnötig Geld verschenkt wird. In den obigen Beispielen liegt der Unterschied bei der Berechnung des erstattungsfähigen Wiederbeschaffungsaufwandes immerhin bereits bei 121,95 €. Je höher der ermittelte Wiederbeschaffungswert, desto höher ist selbstverständlich auch eine etwaige, darin enthaltene Differenzsteuer von 2,3 bis 2,5%.
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Sind sog. Verbringungskosten sowohl bei konkreter als auch bei fiktiver Abrechnung zu er-statten?
Verbringungskosten sind Kosten, die dafür angefallen, dass das unfallbeschädigte Fahrzeug im Zuge der sach- und fachgerechten Instandsetzung von einem Ort zum anderen transportiert werden muss (bspw. in einen gesonderten Lackierbetrieb oder zur Vermessung des Fahrwerks nach durchgeführter Reparatur).
Der Kfz-Sachverständige stellt im Rahmen seines Haftpflichtgutachtens und seiner Reparaturkostenkalkulation fest, ob im Zuge einer Reparatur ortsüblicher Weise Verbringungskosten in einer bestimmten Höhe anfallen oder nicht.
Die Verbringungskosten gehören zu den Kosten einer sach- und fachgerechten Reparatur und stellen ebenfalls eine erstattungsfähige Schadensposition für den Unfallgeschädigten dar.
1. Konkrete Abrechnung
Bei der konkreten Schadensabrechnung nach durchgeführter Reparatur, d.h. bei Einreichung einer Reparaturrechnung und Geltendmachung der tatsächlich entstandenen Reparaturkosten (inkl. gezahlter MwSt.), hat die gegnerische Kfz-Haftpflichtversicherung die Verbringungskosten so zu erstatten, wie sie in der Reparaturrechnung ausgewiesen und angefallen sind. Das gilt insbesondere, wenn die Verbringungskosten dem Grunde nach auch im Schadengutachten also notwendige Kostenposition ausgewiesen wurden und der Geschädigte diese daher für erforderlich halten durfte. Daher kann eine Versicherung insbesondere nicht mit Verweis auf die sog. Schadensminderungspflicht des Geschädigten verlangen, dass dieser nach einer Werkstatt sucht, die eine eigene Lackiererei hat, sodass Verbringungskosten von vornherein gar nicht entstehen. Genauso wenig muss der Geschädigte nach durchgeführter Karosseriereparatur selbst zur Lackiererei fahren, um die Verbringungskosten zu sparen. Eine solche Mithilfe bei der Reparatur ist dem Geschädigten nicht zumutbar.
2. Fiktive Abrechnung
Aber auch im Falle der sog. fiktiven Abrechnung, d.h. wenn der Geschädigte sich lediglich die prognostizierten Reparaturkosten netto zur freien Verwendung von der gegnerischen Versicherung auszahlen lässt, müssen die veranschlagten Verbringungskosten (insoweit netto) ebenfalls erstattet werden – auch wenn gar keine Reparatur durchgeführt wird und daher keine gar kostenauslösende Verbringung des beschädigten Fahrzeuges zu einer Lackiererei oder einem Vermessungsbetrieb erfolgt:
Die künstliche Aufspaltung der kalkulierten Reparaturkosten in nicht angefallene und angefallene Positionen verbietet sich. Schließlich fällt im Wege der fiktiven Abrechnung möglicherweise gar keine Reparatur- und Kostenposition an, weil der Geschädigte sein Fahrzeug überhaupt nicht, noch nicht einmal teilweise, reparieren lässt.
Verbringungskosten sind also zumindest dann zu erstatten, wenn sie nach den örtlichen Gepflogenheiten im Zuge der Reparatur in einer Werkstatt anfallen würden.
Bezüglich der erstattungsfähigen Höhe der Verbringungskosten bei fiktiver Abrechnung gilt Folgendes:
Ist das beschädigte Fahrzeug nicht älter als drei Jahre oder ist das Fahrzeug älter als drei Jahre, dafür aber konsequent in einer Markenwerkstatt gepflegt, gewartet und ggfs. repariert worden, kommt es auf die theoretischen, insoweit ortsüblichen Verbringungskosten einer Markenwerkstatt an.
Ist das Fahrzeug hingegen älter als drei Jahre und nicht konsequent in einer Markenwerkstatt gepflegt, gewartet und ggfs. repariert worden, kann die gegnerische Kfz-Haftpflichtversicherung in Bezug auf die Reparaturkosten auf eine günstigere freie Werkstatt verweisen, wobei dann die Verbringungskosten dieser Verweisungswerkstatt maßgeblich sind.
3. Zahlreiche Einwände der Versicherer
Die Kfz-Haftpflichtversicherer setzen bei ihrem „Kürzungswahn“ sehr häufig ungerechtfertigt und willkürlich bei der Position „Verbringungskosten“ an, bspw. mit folgenden Behauptungen:
- Verbringungskosten seien nur erstattungsfähig, wenn sie tatsächlich anfallen.
- Der Geschädigte sei gehalten, eine Werkstatt zu suchen, die eine eigene Lackiererei hat, um Verbringungskosten zu vermeiden.
- Der Geschädigte sei gehalten, sein Fahrzeug nach der Karosseriereparatur selbst zur Lackiererei zu fahren, um die Verbringungskosten zu ersparen.
- Verbringungskosten seien nicht zu erstatten, wenn die Reparaturfirma eine firmen- oder gruppeneigene, wenn auch räumlich ausgelagerte Lackiererei habe (weil nicht davon auszugehen sei, dass dann Verbringungskosten anfallen).
- Der Verbringungsaufwand (insb. zeitlich) und/oder die Höhe der Verbringungskosten seien unangemessen bzw. unverhältnismäßig hoch.
- Keine Erstattung von Verbringungskosten, wenn nur lackiert werden muss (nach dem Motto: Wenn nur ein Lackschaden verursacht wurde, könne man das Fahrzeug gleich in eine Lackiererei bringen).
- Die Verbringung sei vom Lackierer selbst durchgeführt worden, sodass die Entstehung von
- Verbringungskosten nicht ersichtlich sei.
Verbringungskosten seien nur nach den Vergütungssätzen einer näher gelegenen Lackiererei zu erstatten.
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Abrechnung des Unfallschadens auf Totalschadenbasis trotz Vorliegen eines Reparaturschadens? Das ist zu beachten!
Nicht selten stellt der vom Unfallgeschädigten beauftragte Kfz-Sachverständige im Rahmen seiner Begutachtung des Unfallschadens fest, dass es sich um einen „Reparaturschaden“ handelt. Dies bedeutet, dass die Reparaturkosten unterhalb des sog. Wiederbeschaffungswertes liegen, d.h. des Preises, den ein Geschädigter aufbringen müsste, um sich ein vergleichbares Ersatzfahrzeug ohne Beschädigung auf dem Automarkt (bzw. Gebrauchtwagenmarkt) zu beschaffen.
Entweder liegen die Reparaturkosten so weit unterhalb des Wiederbeschaffungswertes, dass der Kfz-Sachverständige schon gar keinen Wiederbeschaffungswert (Preis, den der Geschädigte für die Ersatzbeschaffung eines gleichwertigen Fahrzeuges ohne Beschädigung aufwenden müsste) und keinen Restwert (Wert, den das beschädigte Fahrzeug noch hat) ermittelt. In einem solchen Fall ist das Vorliegen eines Reparaturschadens so eindeutig (eindeutiger Reparaturschadenfall) und die Frage, ob man sich statt einer Reparatur ein Ersatzfahrzeug beschafft und das beschädigte Fahrzeug zum Restwert veräußert, so fernliegend, dass es einzig auf die ermittelten Reparaturkosten ankommt.
Ab einem gewissen Schadensverhältnis (= prognostizierte Reparaturkosten im Verhältnis zum Wiederbeschaffungswert) stellt sich allerdings durchaus die Frage, ob es
a) für den Geschädigten noch Sinn macht, den unfallbedingten Schaden am Fahrzeug überhaupt reparieren zu lassen und das Fahrzeug anschließend weiter zu nutzen, oder
b) sinnvoller ist, auf die Reparatur zu verzichten und eine sog. Ersatzbeschaffung vorzunehmen und das beschädigte Fahrzeug zum Restwert zu veräußern.
Meistens nehmen Kfz-Sachverständige ab einem Schadensverhältnis von über 50%, in jedem Fall aber bei einem Verhältnis von über 70% (d.h. die prognostizierten Reparaturkosten brutto (inkl. MwSt., ggfs. zuzüglich etwaiger Wertminderung) betragen bspw. 74% des ausgewiesenen Wiederbeschaffungswertes), neben Angaben zu den prognostizierten Reparaturkosten auch Angaben zum Wiederbeschaffungswert und zum Restwert in ihr Haftpflichtgutachten auf. Bei über 100%, d.h. wenn die Reparaturkosten (ggfs. zzgl. einer etwaigen, unfallbedingten Wertminderung des beschädigten Fahrzeuges) den Wiederbeschaffungswert bereits überschreiten, spricht man schon nicht mehr von einem Reparaturschaden, sondern von einem (wirtschaftlichen) Totalschaden. Zwar gilt auch in diesem Fall, dass unter gewissen Voraussetzungen bis zu einem Schadensverhältnis von 130% die Reparaturkosten gezahlt werden müssen (sog. 130%-Grenze). Die nähere Erläuterung dieses Sachverhaltes würde hier jedoch den Rahmen sprengen.
Meistens zahlen die gegnerischen Kfz-Haftpflichtversicherungen im Falle eines ausgewiesenen Reparaturschadens (kein Totalschaden), bei dem die Reparaturkosten bei über 70% des Wiederbeschaffungswertes liegen und im Schadengutachten daher Angaben zu Wiederbeschaffungswert und Restwert (Anmerkung: Angabe zu Restwert ist dann Pflicht!) angegeben sind, zunächst nicht die Reparaturkosten für das beschädigte Fahrzeug, sondern rechnen unter Verwendung des angegebenen Wiederbeschaffungs- und Restwertes auf Totalschadenbasis ab, d.h. es wird der sog. Wiederbeschaffungsaufwand erstattet, der sich wie folgt berechnet:
Wiederbeschaffungswert – Restwert = Wiederbeschaffungsaufwand
Der Restwert wird deshalb abgezogen, weil der Geschädigte sein beschädigtes Fahrzeug schließlich zum Restwert verkaufen kann und den erhaltenen Preis für eine Ersatzbeschaffung (Beschaffung eines gleichwertigen Ersatzfahrzeuges) mitverwenden kann. Anders gesagt: Der von der gegnerischen Versicherung gezahlte Wiederbeschaffungsaufwand und der durch den eigenen Verkauf des beschädigten Fahrzeuges erzielte Restwert bilden in Summe den Wiederbeschaffungswert, den der Geschädigte dann in den Händen hält, um sich ein gleichwertiges Ersatzfahrzeug beschaffen zu können.
Manche Versicherer versuchen bereits bei einem Schadensverhältnis von 50% und unter 70% eine Abrechnung auf Totalschadenbasis vorzunehmen, wenn im Gutachten Angaben zu Wiederbeschaffungswert (und ggfs. Restwert) enthalten sind. Sind im Gutachten nur Angaben zum Wiederbeschaffungswert enthalten und wurde aufgrund des relativ geringen Schadenverhältnisses auf eine Angabe zum Restwert verzichtet, weil es sich um einen eindeutigen Reparaturschadensfall handelt, ermitteln Versicherer nicht selten selbst einen durchaus hohen Restwert für das beschädigte Fahrzeug, um nur einen relativ geringen Wiederbeschaffungsaufwand an den Geschädigten zahlen zu müssen. Bei einem eindeutigen Reparaturschadensfall (Reparaturkosten unter 70% des Wiederbeschaffungswertes) ist eine solche Abrechnung klar unzulässig – Versicherer haben in solchen Fällen in jedem Fall die veranschlagten bzw. gegebenenfalls tatsächlich angefallenen Reparaturkosten zu erstatten.
Betragen die Reparaturkosten allerdings über 70% des Wiederbeschaffungswertes, überschreiten diesen allerdings nicht (also unter 100%), sodass auch in diesem Fall noch ein Reparaturschaden und kein Totalschaden vorliegt, ist eine Abrechnung auf Totalschadenbasis und die vorläufige Zahlung des sog. Wiederbeschaffungsaufwandes (Wiederbeschaffungswert abzüglich Restwert), der meist weniger als die Reparaturkosten beträgt, durchaus zulässig. Aber:
Oftmals möchte der Geschädigte sein beschädigtes Fahrzeug gar nicht zum Restwert veräußern, sondern – weil es sich um einen Reparaturschaden handelt – eine Reparatur des beschädigten Fahrzeuges durchführen (lassen) bzw. das Fahrzeug zumindest einfach in einen verkehrssicheren und fahrtauglichen Zustand versetzen (lassen), um es anschließend weiternutzen zu können. In diesem Fall hat der Geschädigte unter bestimmten Voraussetzungen durchaus Anspruch, nach erfolgter Zahlung des Wiederbeschaffungsaufwandes noch auf die Zahlung der Reparaturkosten zu bestehen (insoweit dann unter Anrechnung der bereits geleisteten Zahlung der Versicherung):
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat hierzu bereits vor vielen Jahren (vgl. nur bspw. Urteil vom 23.05.2006, Az. VI ZR 192/05) Folgendes klargestellt:
„ 1. Das Berufungsgericht geht im Ansatz zutreffend davon aus, dass dem Geschädigten für die Berechnung von Kraftfahrzeugschäden im Allgemeinen zwei Wege der Naturalrestitution zur Verfügung stehen: Die Reparatur des Unfallfahrzeugs oder die Anschaffung eines (gleichwertigen) Ersatzfahrzeugs. Unter den zum Schadensausgleich führenden Möglichkeiten der Naturalrestitution hat der Geschädigte grundsätzlich diejenige zu wählen, die den geringsten Aufwand erfordert.
[…]
a) Der erkennende Senat hat im Urteil vom 29. April 2003 – VI ZR 393/02 – BGHZ 154, 395 ff. entschieden, dass der Geschädigte zum Ausgleich des durch einen Unfall verursachten Fahrzeugschadens, der den Wiederbeschaffungswert nicht übersteigt, die vom Sachverständigen geschätzten Reparaturkosten bis zur Höhe des Wiederbeschaffungswerts ohne Abzug des Restwerts verlangen kann, wenn er das Fahrzeug tatsächlich reparieren lässt und weiter benutzt, ohne dass es auf Qualität und Umfang der Reparatur ankommt.
[…]
Es ist nunmehr klarzustellen, dass für den Anspruch auf die fiktiven Reparaturkosten ohne Berücksichtigung des Restwerts entscheidend ist, dass der Geschädigte das Fahrzeug weiter nutzt, sei es auch in beschädigtem, aber noch verkehrstauglichem Zustand. Er kann es nach allgemeinen schadensrechtlichen Grundsätzen unrepariert weiternutzen und den zur Wiederherstellung erforderlichen Geldbetrag anderweitig verwenden. Im Fall der Weiternutzung stellt der Restwert, wenn und solange der Geschädigte ihn nicht realisiert, lediglich einen hypothetischen Rechnungsposten dar, der sich in der Schadensbilanz nicht niederschlagen darf (vgl. Senatsurteil BGHZ 154, 395, 397 f. m. w. N.).
[…]
Selbst wenn er von vornherein nicht die Absicht hat, die der Berechnung seines Anspruchs zugrunde gelegte Wiederherstellung zu veranlassen, sondern sich anderweit behelfen oder die Entschädigungszahlung überhaupt einem sachfremden Zweck zuführen will, kann der Geschädigte Ersatz der zur Behebung des Schadens erforderlichen Reparaturkosten verlangen. Der Wille des Geschädigten zur Reparatur kann nicht zur Voraussetzung für den Anspruch auf Zahlung des zur Instandsetzung erforderlichen Geldbetrags erhoben werden
[…]
Deshalb stellt sich die Frage, wie lange der Geschädigte das Fahrzeug nach dem Unfall nutzen muss, um ein nachhaltiges Interesse an dessen Weiternutzung zum Ausdruck zu bringen. Diese Frage wird vom erkennenden Senat nach Abwägung der beiderseitigen Interessen zur Erleichterung einer praktikablen Schadensabwicklung dahin beantwortet, dass im Regelfall ein Zeitraum von sechs Monaten erforderlich, aber auch ausreichend ist. Bei einer so langen Weiternutzung wird nämlich im allgemeinen ein ernsthaftes Interesse des Geschädigten an der Weiternutzung, das einem Abzug des Restwerts nach den oben dargelegten Grundsätzen entgegensteht, nicht verneint werden können.“
Zusammengefasst:
Selbst wenn die Reparaturkosten (ggfs. zusammen mit einer etwaigen Wertminderung des beschädigten Fahrzeuges) über 70% vom Wiederbeschaffungswert ausmachen und die Versicherung zunächst nur den sog. Wiederbeschaffungsaufwand (Wiederbeschaffungswert abzüglich Restwert) erstattet, kann der Geschädigte dann noch auf Erstattung der höheren Reparaturkosten bestehen, wenn er
a) das beschädigte Fahrzeug zumindest in einen verkehrssicheren und fahrbereiten Zustand versetzt (muss noch nicht einmal eine sach- und fachgerechte, mithin vollständige Reparatur i.S.d. eingeholten Schadengutachtens sein), und
b) das Fahrzeug dann noch mindestens sechs Monate weiternutzt, womit er sein Interesse an der (potentiellen, aber möglicherweise gar nicht durchgeführten) Reparatur des beschädigten Fahrzeuges und sein fehlendes Interesse an einer Beschaffung eines gleichwertigen Ersatzfahrzeuges und der Veräußerung des beschädigten Fahrzeuges zum Restwert zum Ausdruck bringt.
Sind die vorgenannten Voraussetzungen kumulativ erfüllt, darf die Versicherung nicht (mehr) auf Totalschadenbasis abrechnen (= Zahlung des Wiederbeschaffungswertes abzüglich des Restwertes), sondern muss die (prognostizierten bzw. tatsächlich angefallenen) Reparaturkosten erstatten.
Beispiel:
Das Fahrzeug kann laut Gutachten für 5.000,- € brutto (inkl. MwSt.) repariert werden. Die Reparaturkosten netto (d.h. ohne MwSt.) belaufen sich auf 4.201,68 €.
Der Wiederbeschaffungswert beträgt 6.500,- €.
Die Reparaturkosten betragen also knapp 77% des Wiederbeschaffungswertes, überschreiten den Wiederbeschaffungswert aber nicht (= unter 100%), sodass (noch) ein Reparaturschaden und kein (wirtschaftlicher) Totalschaden vorliegt.
Aufgrund dieses Verhältnisses muss das Gutachten Angaben zum Restwert enthalten, der sich auf 2.500,- € beläuft.
Die gegnerische Kfz-Haftpflichtversicherung zahlt nun zunächst den sog. Wiederbeschaffungsaufwand in Höhe von 4.000,- € (Wiederbeschaffungswert von 6.500,- € abzüglich Restwert von 2.500,- €), der unterhalb der Brutto-Reparaturkosten sowie unterhalb der Netto-Reparaturkosten liegt.
Veräußert der Geschädigte nun sein beschädigtes Fahrzeug nicht zum Restwert und nimmt keine Ersatzbeschaffung vor, sondern
a) versetzt sein beschädigtes Fahrzeug zumindest in einen verkehrssicheren und fahrtauglichen Zustand (oder lässt es eben – möglicherweise in Eigenregie – sach- und fachgerecht gem. Gutachten reparieren), und
b) fährt es anschließend noch mindestens für sechs Monate weiter,
so kann er von der Versicherung stattdessen die Zahlung der Reparaturkosten verlangen, was
a) bei der sog. fiktiven Abrechnung (d.h. ohne Reparaturrechnung bloße Auszahlung der Reparaturkosten netto ohne MwSt.) immerhin noch weitere 201,68 € sind, weil die Netto-Reparaturkosten 4.201,68 € betragen, während die Versicherung bereits 4.000,- für den Fahrzeugschaden gezahlt hat,
b) bei der sog. konkreten Abrechnung (d.h. unter Vorlage einer offiziellen Reparaturrechnung nach durchgeführter Reparatur gem. Gutachten) die tatsächlich angefallenen Reparaturkosten brutto inkl. MwSt. sind, die ebenfalls über dem von der Versicherung bereits gezahltem Wiederbeschaffungsaufwand (4.000,- €) liegen, weil die Reparaturkosten brutto mindestens einmal 5.000,- € betragen oder möglicherweise noch höher sind als ursprünglich im Schadengutachten prognostiziert (was sich aber erst im Zuge der konkret durchgeführten Reparatur zeigt).
Personenschaden
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Was steht mir bei einem Personenschaden zu?
Grundsätzlich gilt: Alle unfreiwilligen Nachteile und Einbußen, die Sie aufgrund des Unfalls erleiden und die Ihnen nicht entstanden wären, wenn Sie den Unfall nicht erlitten hätten, stellen erstattungsfähige Schadenspositionen dar. Dies gilt genauso für Personenschäden wie für Sachschäden an Ihrem Fahrzeug.
Typische Schadenspositionen bei einem Personenschaden sind:
- Schmerzensgeld
- Rechtsanwaltskosten
- Haushaltsführungsschaden
- Verdienstausfall
- Kosten i.V.m. Arzt-/Heilbehandlungen
- Unfallbedingte Auslagenpauschale (zwischen 20,- und 30,- €)
Die vorstehende Auflistung ist selbstverständlich nicht abschließend. Nach dem obenstehenden Grundsatz, dass die gegnerische Versicherung alle unfreiwilligen Einbußen erstatten muss, die Sie aufgrund des Unfalls erlitten haben und die nicht entstanden wären, wenn das Unfallsereignis nicht eingetreten wäre, können vielzählige weitere Schadenspositionen hinzukommen, die Ihnen möglichweise gar nicht so bewusst sind.
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Wie hoch ist das Schmerzensgeld nach einem Unfall?
Die Höhe des Schmerzensgeldes hängt von den Umständen des Einzelfalles ab.
Es gibt jedoch sog. Schmerzensgeldtabellen (Rechtsprechungsübersicht), an denen sich zwecks Bemessung der Schmerzensgeldhöhe orientiert werden kann. Diesen Tabellen kann entnommen werden, welches Schmerzensgeld Unfallgeschädigten aufgrund welcher Verletzungen/Beeinträchtigungen durch Gerichte zugesprochen wurde.
Grundsätzlich sind das Ausmaß und die Intensität der Verletzungen/Schmerzen sowie daraus resultierende, möglicherweise dauerhafte Folgen maßgeblich, wobei es entsprechender Untersuchungen, Atteste und Bescheinigungen bedarf, um das geltend gemachte Schmerzensgeld gegenüber der gegnerischen Versicherung auch rechtfertigen zu können.
Nur beispielhaft und nicht abschließend bestimmen folgende Faktoren die Höhe des Schmerzensgeldes:
- Art der Verletzung (Diagnose)
- Verletzungsbedingte Schmerzen
- Ausmaß, Intensität und Dauer der verletzungs- bzw. schmerzensbedingten Beeinträchtigung, insb. auch Dauer der Arbeitsunfähigkeit
- Erfordernis und Umfang ärztlicher/medizinischer (Heil-)Behandlungen
- Alter des Geschädigten
- Bleibende Schäden/Behinderungen und (vorübergehende/dauerhafte) Auswirkungen auf das alltägliche Leben
- Mitverschulden des Verletzten bei der Verursachung des Unfalles (anspruchsmindernd)
- Grad des Verschuldens des Schädigers (anspruchserhöhend insb. grobe Fahrlässigkeit und Vorsatz)
- Vermögensverhältnisse der Parteien (weil Schmerzensgeld Genugtuung darstellen soll und darin ein gewisser Gerechtigkeitsgedanke enthalten ist; nicht unumstritten)
- Verschleppung/ Verzögerungstaktik bei der Schadensregulierung
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Ich kann nach einem Unfall aufgrund meiner Verletzung vorübergehend meinen Haushalt nicht meistern und benötige Hilfe. Bekomme ich dafür etwas von der Versicherung?
Hierbei handelt es sich um den sog. Haushaltsführungsschaden. Dem Geschädigten ist es aufgrund des Unfalls (vorübergehend/dauerhaft) vollständig oder teilweise nicht möglich, den eigenen Haushalt bzw. den Haushalt der eigenen Familie zu führen.
Auch der Haushaltsführungsschaden stellt eine erstattungsfähige Schadensposition dar, die grundsätzlich neben dem Schmerzensgeld steht.
Allerdings muss der Geschädigte für eine Bemessung des Haushaltsführungsschadens auch konkret darlegen können, welche Aufgaben im Rahmen der Haushaltsführung anfallen und warum und weshalb sie ihm aufgrund des Unfalls nicht (mehr) möglich sind.
Der Geschädigte kann eine Haushaltshilfe beschäftigen, deren Bruttoverdienst nebst Beiträgen zur Sozialversicherung den erstattungsfähigen Schaden darstellt, welcher von der gegnerischen Versicherung ersetzt werden muss. Wichtig ist, dass der Geschädigte in Hinblick auf den Umfang der Beschäftigung und die Höhe der Vergütung eine Schadensminderungspflicht hat. Beansprucht der Geschädigte eine Haushaltshilfe über Gebühr, d.h. mehr als objektiv notwendig, oder vereinbart eine Vergütung, die nicht ansatzweise ortsüblich und angemessen ist, bleibt er auf diesen zusätzlichen Kosten möglicherweise sitzen.
Übernehmen Freunde oder Angehörige die Haushaltshilfe, ist der Stundensatz anzusetzen, den eine vergütungspflichtige Haushaltshilfe erhalten hätte. Der Haushaltsführungsschaden kann insoweit fiktiv ermittelt und abgerechnet werden, wofür in aller Regel Tabellen herangezogen werden. Bei einem Streit über die Höhe des Haushaltsführungsschadens gehen Gerichte bei ausreichenden Anhaltspunkten (bspw. über Größe des Haushaltes, Anzahl der Familienmitglieder usw.) nicht selten auch zu einer Schadensschätzung über, die nach geltendem Zivilprozessrecht auch zulässig ist.
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Ich bin länger als sechs Wochen unfallbedingt arbeitsunfähig und die Lohnfortzahlung durch meinen Arbeitgeber endet, sodass mir ein finanzieller Nachteil entsteht. Erhalte ich Ersatz?
Auch der sog. Verdienstausfall stellt eine erstattungspflichtige Schadensposition dar. Da der Verdienst in der Vergangenheit durch Lohnabrechnungen (inkl. Sonderzahlungen) belegbar ist (Beurteilungszeitraum meist ein Jahr vor dem Unfall), kann der Verdienstausfall relativ unkompliziert errechnet werden. Auch hier gilt der Grundsatz, dass der Geschädigte - ohne sich auf Kosten des Schädigers zu bereichern - so zu stellen ist, wie er stünde, wenn der Unfall nicht passiert wäre.
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Erhalte ich Ersatz für unfallbedingten Verdienstausfall, wenn ich selbstständig bin?
Da der Verdienstausfall kausal auf das Unfallsereignis zurückzuführen ist, besteht dem Grunde nach auch ein entsprechender Schadensersatzanspruch.
Für die Berechnung des entstandenen Verdienstausfalles wird in der Regel das Einkommen der letzten der drei Jahre als Bemessungsgrundlage herangezogen.
Wird eine Ersatzkraft eingestellt, um Verdienstausfälle und Auftragsverluste zu vermeiden, sind auch diese Kosten grundsätzlich erstattungsfähig.
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Macht sich der Unfallverursacher bei der Verletzung von Personen strafbar?
Wird bei einem Verkehrsunfall eine Person verletzt oder gar getötet, kommt im Falle eines fahrlässigen oder gar vorsätzlichen Fehlverhaltens im Straßenverkehr eine Strafbarkeit des Unfallverursachers ernsthaft in Betracht.
Fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt. Bei leichter Fahrlässigkeit handelt es sich in der Regel um eine Unachtsamkeit, „die jedem mal passieren kann“. Hingegen liegt grobe Fahrlässigkeit vor, wenn die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße außer Acht gelassen wurde, d.h. wenn zwar in nicht vorsätzlicher, aber äußerst nachlässigerweise außer Acht gelassen wurde, was jedem sofort hätte einleuchten müssen.
Vorsatz hingegen ist das Wissen und Wollen in Hinblick auf das an den Tag gelegte Fehlverhalten. Auch hier gibt es eine besondere Vorsatzform, nämlich den sog. bedingten Vorsatz: Hierbei nimmt der Handelnde zumindest billigend in Kauf, dass aufgrund seines gewollten Verhaltens etwas passieren könnte und findet sich aber einfach damit ab, weil es ihm in diesem Moment darauf ankommt, so zu handeln, wie er es gerade möchte (nach dem Motto „Na wenn schon“). Hiervon abzugrenzen ist die wiederum die sog. bewusste Fahrlässigkeit, bei welcher der Handelnde zwar ebenfalls die möglichen Nachteile seines Verhaltens erkennt, aber pflichtwidrig darauf vertraut, dass alles gut gehen und nichts passieren werde (nach dem Motto „wird schon gut gehen“).
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Habe ich nach einem Unfall mit Personenschaden Leistungsansprüche gegenüber meinen eigenen Versicherungen und muss der Unfallverursacher dafür einstehen?
Werden Sie durch einen Unfall verletzt (Personenschaden) kommen insbesondere folgende Ansprüche gegenüber den eigenen Versicherungen in Betracht (nicht abschließend):
- Krankenkasse: Anspruch auf Übernahme von Behandlungskosten
- Unfallversicherung: Anspruch auf Zahlung von Verletztengeld (Wegeunfall)
- Rentenversicherung: Anspruch auf Zahlung einer Erwerbsunfähigkeits-/Erwerbsminderungsrente
Berechtigtermaßen stellt sich hier die Frage, warum eine Versicherung auf den erbrachten bzw. zu erbringenden Leistungen sitzen bleiben sollte, wenn es mit dem Unfallverursacher einen Verantwortlichen gibt, der dem Grunde nach für diese Leistungen in Anspruch genommen werden kann. Das Gesetz beantwortet diese Frage wie folgt:
Da nur der Geschädigte (nicht jedoch dessen Versicherungen) Schadensersatzansprüche gegen den Unfallverursacher und dessen Kfz-Haftpflichtversicherung hat, gehen die Schadensersatzansprüche auf die Träger der Sozialversicherung und der Sozialhilfe in dem Maße über, in dem sie Sozialleistungen an den Geschädigten erbringen.
Die von dem Geschädigten in Anspruch genommene Versicherung holt sich die erbrachten Leistungen also bei dem Unfallverursacher bzw. dessen Kfz-Haftpflichtversicherung wieder zurück. Dies ist auch nur gerecht, schließlich würde alles andere bedeuten, dass der Unfallverursacher und Schädiger durch den Umstand, dass der Geschädigte versichert ist, entlastet würde.
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Die gegnerische Kfz-Haftpflichtversicherung verlangt von mir eine Schweigepflichtentbindungserklärung, um Auskünfte und Informationen bei Ärzten, Krankenhäusern, Krankenkasse usw. einholen zu dürfen. Sollte ich eine solche Erklärung abgeben?
Die gegnerische Kfz-Haftpflichtversicherung hat ein eigenes Interesse daran, so viele Informationen wie möglich über den Gesundheitszustand des Geschädigten, die unfallbedingt eingetretenen Verletzungen bzw. Beeinträchtigungen und die daraus resultierende Behandlungsbedürftigkeit einzuholen. Hierfür fordert sie von dem Unfallgeschädigten - meist in Verbindung mit der Übersendung eines entsprechenden Formulars -, Ärzte, Versicherungen und Krankenhäuser gegenüber der Kfz-Haftpflichtversicherung von ihrer (ärztlichen) Schweigepflicht zu entbinden, sodass diese der Kfz-Haftpflichtversicherung Auskünfte und Informationen erteilen müssen.
Oftmals liegen der gegnerischen Versicherung aber bereits alle notwendigen Informationen wie Krankenhausberichte, ärztliche Atteste und Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vor, um die im Zusammenhang mit einem entstandenen Personenschaden geltend gemachten Schadenspositionen (wie bspw. Schmerzensgeld) überprüfen zu können. Auch sind die von den Kfz-Haftpflichtversicherung vorformulierten Schweigepflichtentbindungserklärungen oftmals zu weit gefasst und beziehen sich mitunter auch auf den allgemeinen Gesundheitszustand wie frühere Erkrankungen und Behandlungen. Auf solche Informationen hat die gegnerische Versicherung allerdings gar keinen Anspruch und im schlimmsten Fall werden solche Informationen zum Nachteil des Unfallgeschädigten verwendet, bspw. in der Form, dass behauptet wird, die geltend gemachten Verletzungen würden nicht bzw. nicht ausschließlich auf dem Unfall beruhen, sondern (auch) auf einer früheren Verletzung bzw. Vorerkrankung des Unfallgeschädigten. In diesem Fall zahlt die gegnerische Versicherung dann weniger oder möglicherweise gar kein Schmerzensgeld.
Ein Unfallgeschädigter ist nicht gehalten, eine solche Schweigepflichtentbindungserklärung abzugeben. Insbesondere darf die gegnerische Kfz-Haftpflichtversicherung die Zahlung von Schmerzensgeld nicht von der Abgabe einer Schweigepflichtentbindungserklärung abhängig machen.
Daher sollte ein Unfallgeschädigter auf keinen Fall leichtfertig eine Schweigepflichtentbindungserklärung abgeben – erst recht nicht durch Unterzeichnung der übermittelten, vorformulierten Erklärung der Kfz-Haftpflichtversicherung, die oftmals viel zu weit gefasst ist und dazu führt, dass die gesundheitliche Vorgeschichte des Unfallgeschädigten bis ins kleinste Detail und möglicherweise zum Nachteil des Unfallgeschädigten durchleuchtet werden kann.